RB: Ist Pfingsten nach wie vor das wichtigste Fest des Jahres für die Loretto-Gemeinschaft?
Georg Mayr-Melnhof: Es ist zumindest jenes mit der größten Reichweite, allerdings haben wir während der Corona-Pandemie die Strategie geändert, weil wir in Salzburg mit den rund 10.000 Jugendlichen schon aus allen Nähten geplatzt sind. Mehr wäre für uns mit der Infrastruktur und auf allen Ebenen nicht machbar gewesen.
RB: Schon letztes Jahr lautete das Motto „Salzburg muss kleiner werden, damit andere wachsen können“. Wie ist das zu verstehen, wie sind die Erfahrungen von 2022 und wie geht es weiter?
Mayr-Melnhof: Wir sind ja seit dem Jahr 2000 nicht deswegen immer größer geworden, weil ganz Salzburg in den Dom gepilgert ist, sondern weil extrem viele Leute von draußen hergekommen sind. Der Gedanke war daher: Wir „schenken“ unser Know-how. Die Leute, die zuvor nach Salzburg gekommen sind, sollen unsere Pfingstidee aufnehmen und vor Ort in ihren Heimatgemeinden die Festivals feiern. Nicht in kleinen Garagen mit sieben Leuten, sondern als echte Festivals. Da haben sich sofort an die 30 Gruppierungen gemeldet, die letztes Jahr dabei waren und es auch heuer wieder sind. 2022 waren es insgesamt 8.000 bis 9.000 Jugendliche, heuer rechnen wir mit einem Drittel mehr, also um die 12.000. In großen Locations wie Salzburg mit der vollen Universitätsaula werden es 500 bis 600 Menschen sein, bei den meisten anderen um die 300 oder etwas mehr und dann gibt es noch einige kleinere Festivals – verteilt auf Österreich, Deutschland, die Schweiz und Südtirol. Und so wie im Jahr 2000 in Salzburg alles mit hundert Leuten angefangen hat und es irgendwann ein paar Tausend waren, könnte es auch bei den anderen Locations in diese Richtung gehen.
RB: Die Begeisterung war und ist groß. Was macht die Loretto-Gemeinschaft aus? Oder anders gefragt: Was fehlt den jungen Menschen in anderen christlichen Institutionen?
Mayr-Melnhof: Es gibt ein Phänomen in der katholischen Kirche, das nach dem Zweiten Vatikanum begonnen hat: die neuen Bewegungen oder so genannten „Movimenti“. Diese „Neuaufbrüche“, zu denen auch die Loretto-Gemeinschaft zählt, sind sehr jesuanisch geprägt, mit einer großen Lebendigkeit und großer Betonung auf Gemeinschaft.
Wir bieten Jugendlichen, was sie vielleicht in einer Pfarre nicht finden.
Wir sprechen gerne von diesem „Feuer“ der Urkirche. Und anders als die riesige katholische Kirche, die alles abdeckt, setzen wir Schwerpunkte. So sind wir sehr gut darin, junge Menschen anzusprechen: mit der Musik, mit dem Setting der Räume, mit der Art der Verkündigung – wir sagen intern immer, wir brauchen „g‘scheite Preacher“. Wir bieten also Dinge an, die Jugendliche vielleicht in einer herkömmlichen Pfarre nicht finden.
RB: Was macht einen „g‘scheiten Preacher“ aus?
Mayr-Melnhof: Das klingt jetzt ein bisserl hart, aber dass er nicht diese fade Kanzelsprache der Kirche spricht, wo jeder einschläft. Dass die Leute sagen: Wow, da ist eine Message, da geh ich nicht sofort wieder raus und krieg einen Schreikrampf. Da wird gelacht und geklatscht, das hör ich mir mal die nächsten zehn Minuten an.
RB: Was sagen Sie zum Vorwurf, das sei mehr „Event“ als Glaube?
Mayr-Melnhof: Ich komme aus der Verpackungsindustrie und sage immer: Um ein Produkt zu verkaufen, muss die Verpackung attraktiv sein. Aber: Wir wollen die „alte Botschaft“ nicht verwässern. Wir wollen nicht weniger vom Evangelium oder von der Lehre der Kirche verkünden. Ich bin überzeugt, dass es am Anfang Events braucht, um Menschen fern der Kirche zu gewinnen. Und danach ist es unsere Aufgabe, zu sagen: Jetzt gibt es dieses und jenes tiefer gehende Angebot. Wer das will, ist frei, zu uns zu kommen.
Georg Mayr-Melnhof, Salzburger Gründer der Loretto-Gemeinschaft: „Ich bin von meinem Charisma her ein klassischer ,Evangelist‘, der seine größte Sehnsucht bei den Menschen hat. Mein Herz schlägt vor allem für Jugendliche, die irgendwo fern der Kirche sind.“
Fest der Jugend
Details zum Pfingstfest der Loretto-Gemeinschaft sind unter www.pfingsten.at zu finden.
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