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Salzburg. „Jesus sagt: Ich habe 99 Schafe. Mir geht eines ab. Was tue ich? Ich suche das eine, das verloren gegangen ist“, zitiert Pfarrer Franz Lauterbacher das Lukas-Evangelium. In diesem Sinne plant er für 30. Juni – wenige Tage vor seinem Abschied aus der Pfarre Salzburg-Mülln und der Feier seines goldenen Priesterjubiläums (siehe Kasten) – eine unkonventionelle „Wiedereintritts-Aktion“.
„Nach 50 Jahren als Priester ist das meine Abschlussidee. Da muss niemand 300 Seiten den Katechismus lesen oder Glaubensgespräche führen. Da kann ganz unkompliziert jeder kommen, der die Sehnsucht hat, wieder Teil der Gemeinschaft der katholischen Kirche zu sein. Ein alter Taufschein reicht“, sagt Lauterbacher, der als Geistlicher schon mehr als 175 Wiedereintritte begleitet hat. Sein Nachsatz: „Das Eintreten soll nicht schwieriger sein als das Austreten, für das man nur einmal aufs Amt gehen muss.“
Die Motivation des bekannt volksnahen Pfarrers: „Ob am Telefon, auf der Straße oder im Bräustübl, in Gesprächen mit den Menschen spürt man: sie wollen wieder in die Gemeinschaft der Kirche zurückkommen. Sie sagen, das ist ‚Heimat‘, das ist Geborgenheit, da weiß ich mich gut aufgehoben.“
Am Eingang der Müllner Kirche geht es beim Wiedereintritts-Ritual von Pater Franz gebückt durch das „Tor der Demut“ – einen Bogen in Anlehnung an den Eingang der Geburtskirche zu Bethlehem. „Weil wir vor Gott immer demütig bleiben sollen. Und ich werde das Tor mit Efeu umbinden, grün wie die Hoffnung“, erklärt er. Später steht der oder die Wiedereintrittswillige vor einer Figur des Guten Hirten. „Vor dem soll er sich verneigen und bitten: Guter Hirte, erbarme dich meiner“, sagt Lauterbacher. Anschließend nimmt der Pfarrer mit einem Handschlag die Eintrittswillige oder den Eintrittswilligen wieder in die katholische Kirche auf.
Als Formalakt wird noch die Kopie des Taufscheins, der Austrittsbescheinigung und eines Personaldokuments abgegeben (Originale müssen vorgezeigt werden) und das Gegenüber erhält direkt eine Bestätigung. „In den vergangenen Jahren haben viele Menschen durch missliche Umstände die Kirche verlassen, aber jede Getaufte und jeder Getaufte bleibt letztendlich ein Kind Gottes“, sagt Pfarrer Franz Lauterbacher.
Interview
mit P. Franz Lauterbacher
RB: Hören Sie auch, dass oft Kleinigkeiten zum Kirchenaustritt führen?
P. Franz Lauterbacher: Ja. Es ist nicht immer der Kirchenbeitrag, es genügt ein Satz des Pfarrers bei einer Beerdigung, der aus Sicht der Angehörigen völlig daneben ist. Dass Leute dann aus Zorn sagen: Ich trete jetzt aus.
RB: Wie lange bemühen Sie sich schon um die „verlorenen Schäfchen“?
P. Franz: Sehr lange, anfangs habe ich zum Wiedereintritt sogar in einen Extraraum des Bräustübls geladen. Das ist durch die Presse gegangen und so standen einmal acht Leute mit ihren Taufscheinen in der Hand vor mir. Ich bin ganz gut im Gespräch mit den Menschen. Ich glaube, dass ich nach St. Stephan in Wien die höchste Zahl an Wiedereintritten habe.
RB: Was sagen uns der „Gute Hirte“ und das „Verlorene Schaf“?
P. Franz: Jesus war der einzelne Mensch so wichtig, dass er sozusagen jedem nachgegangen ist. Weil alle Menschen mit Blick und Glaube auf Jesus gerettet werden sollen.
Wiedereintritt to go
Am 30. Juni um 18 Uhr bietet Pfarrer Franz Lauterbacher bei einer Andacht in der Müllner Kirche (Salzburg, Augustinergasse 4) ohne Voranmeldung die Möglichkeit zum Wiedereintritt in die katholische Kirche. Das Original samt Kopie vom Taufschein oder der Austrittsbescheinigung reichen.
Abschied von Pater Franz
Am 2. Juli um 9.30 Uhr werden in der Pfarrkirche Mülln das goldene Priesterjubiläum von P. Franz Lauterbacher und sein Abschied als Pfarrer von Salzburg-Mülln gefeiert.
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