St. Martin bei Lofer. Unter den Frauenorden der katholischen Kirche sind die 1956 gegründeten Missionarinnen Christi eine der jüngsten und unkonventionellsten Gemeinschaften. Sie leben nicht in Klöstern, tragen Alltagskleidung statt Ordenstracht und verrichten ihr Tagwerk zumeist in kleineren Gruppen. Und es sind vielfach Frauen, die sich ganz bewusst für diesen „etwas anderen“ Orden entschieden haben.
„Wenn man auf der Suche ist, setzt man sich ja sehr intensiv damit auseinander, wie die Ordensgemeinschaft so tickt – was die Spiritualität, den Alltag und das Charisma anbelangt. Und da kann ich nur sagen: Ich finde uns toll“, beschreibt Sr. Anne von Maria Kirchental mit einem Augenzwinkern die Begeisterung für ihren Orden – und löst damit erst Verlegenheit und dann einen Lachanfall bei den drei Kolleginnen aus.
Natürlichkeit, Freundlichkeit und ganz viel Humor, diese Eigenschaften sind beim Gespräch durchgängig präsent und haben dereinst auch Sr. Karolina mit zum Ordenseintritt bewogen: „Mich hat damals diese Christus-Spiritualität angezogen – und das nicht überfromm, sondern in der Gemeinschaft von Frauen, die normal im Leben stehen und viel gelacht haben. Bevor ich eintrat sagte damals eine Schwester zu mir: Du tätst narrisch guat zu uns passen!“
Im Orden sei „wenig in Stein gemeißelt und Veränderung möglich“ beschreibt die erst im Februar aus Leipzig in den Pinzgau übersiedelte Sr. Arlette den Umstand, dass in Prozesse der Gemeinschaft alle mit einbezogen seien und wenig „von oben herab“ bestimmt werde. Die gesunde Mischung aus Freude und Ernsthaftigkeit bringt schließlich Sr. Theresia auf den Punkt: „Die Freiheit, sich so zu kleiden, wie es für mich entsprechend ist. Sich am Abend auch mal hinzusetzen und ein Weißbier zu trinken. Aber trotzdem in dieser spirituellen Verbindlichkeit zu stehen – eine Ordensgemeinschaft ist ja kein Larifari. Das war für mich von Anfang an ein stimmiger Weg.“
Missionarinnen Christi sind mit ihrem lebensbejahenden Zugang vor allem dort tätig, wo viele Menschen sind oder viele Menschen hinkommen. In Maria Kirchental leiten und bewirtschaften sie das Haus der Besinnung neben der Wallfahrtskirche. Von der Planung und Büroarbeit über die Exerzitienbegleitung und die geistliche Begleitung bis hin zum Kochen und der Hauswirtschaft wird fast alles in Eigenregie erledigt. Sr. Anne, mit 41 Jahren das jüngste Mitglied der Gemeinschaft, arbeitet zusätzlich mit einer halben Stelle im Seniorenheim im nahen Lofer. Doch im September ist damit Schluss. Nach mehr als 40 Jahren wird der Ordensstandort in Maria Kirchental aufgelöst und die vier Schwestern verlassen den Pinzgau. Verbleiben werden vor Ort – wie schon bisher – zwei Herz-Jesu-Missionare für die Wallfahrtsseelsorge.
Viele Stammgäste und Bekannte haben bereits persönlich und in Mails ihr Bedauern ausgedrückt, dass dem Hause der Besinnung mit dem Abschied der Schwestern „die Seele“ verloren gehe. „Sie werden uns fehlen“, sagt beim Lokalaugenschein auch eine Pilgerin. Die Missionarinnen Christi selbst betonen, dass sie neben den „Begegnungen mit so vielen verschiedenen Menschen“ vor allem die „traumhafte Natur“ vermissen werden: Maria Kirchental als heilsamer Ort und Kraftplatz, wie er immer wieder zu recht beschrieben wird.
Eine Entscheidung über die zukünftige Trägerschaft des Hauses der Besinnung wird nicht vor Ende September fallen. Was die Schwestern anbelangt, finden drei der vier Frauen ein neues Zuhause im Pfarrhof von Abtenau, während Sr. Arlette in die Jugend- und Familienpädagogik nach München wechselt. Die gelernte Krankenschwester Anne hat sich auch am neuen Standort in einem Seniorenheim beworben, Sr. Karolina und Sr. Theresia freuen sich indes auf die „neuen Aufgaben und Menschen“, die sie in der Pfarre im Tennengau erwarten.
Sr. Karolina verlässt den „heilsamen Ort“, an dem sie mehr als 13 Jahre ihres Lebens verbracht hat, mit Wehmut, aber auch Zuversicht: „Ich denke mir, es ist gut so. Damit etwas Neues entstehen kann, braucht es auch Menschen, die aufhören. Wir hoffen, dass es hier gut weitergeht.“
Einladung
Die Missionarinnen Christi laden herzlich zum Abschiedsgottesdienst der Schwestern in der Wallfahrtskirche und einem anschließenden Stehempfang ein: am Samstag, den 9. September, um 13 Uhr (Maria Kirchental, 5092 St. Martin bei Lofer).
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