Salzburg. Es braucht nur wenige Minuten und die Ruhe, die das Stift oberhalb der Salzburger Altstadt ausstrahlt, umfängt einen. Ein Ort zum Stillwerden ist das älteste durchgehend geführte Frauenkloster im deutschsprachigen Raum seit seiner Gründung zwischen 711–715.
Ruhe strahlt auch Schwester Maria Gratia aus, die seit zwei Jahren auf dem Nonnberg lebt. Mit der Feierlichen Profess stellt sie sich nun ganz in den Dienst Gottes und der schwesterlichen Gemeinschaft. Sie bezeugt das durch das öffentliche Ablegen der Gelübde der Beständigkeit, des klösterlichen Lebenswandels und des Gehorsams. Ihr Weg als Benediktinerin begann nicht in Salzburg, war aber von Anfang mit der heiligen Erentrudis und Nonnberg verbunden.
„Wir haben im Kloster Säben die heilige Erentrudis ebenfalls sehr verehrt und die Gründeräbtissin vom Nonnberg ist in der Gemäldegalerie als Erstes zu sehen.“ Säben ist das Eintrittskloster von Schwester Maria Gratia. Auf dem hl. Berg Südtirols, hoch über der Ortschaft Klausen und dem Eisacktal befindet sich seit 1686 die Abtei Säben. Auf die Bitte des Brixener Domherrn Matthias Jenner kamen damals mehrere Schwestern vom Nonnberg nach Säben, um dort das neue Kloster zu besiedeln. Seither lebten, beteten und arbeiteten dort Benediktinerinnen.
Als die damals zweiundvierzigjährige Susanne Waldner aus der Pfarre Schenna vor acht Jahren eintritt – sie erhält den Ordensnamen Maria Gratia – gehören nur noch wenige Schwestern der Gemeinschaft an. Letztlich waren sie nur mehr zu dritt. Das war für die Ewige Profess eine entscheidende Hürde, da in einem Konvent fünf Schwes-tern sein sollen, um weiter zu bestehen. 2021 kam dann die endgültige Entscheidung: Die Ära des Klosters in Säben geht zu Ende. Heute leben die zwei bis zur Schließung verbliebenen Säbener Schwestern als Benediktinerinnen unter dem Dach der Zisterzienserinnen Mariengarten in St. Pauls. Sr. Maria Gratia hingegen wandte sich in ihrer „Herbergssuche“ an Mutter Äbtissin M. Veronika Kronlachner am Nonnberg. „Die Antwort war sehr herzlich und liebevoll.“ Die Salzburger Äbtissin kam dann sogar persönlich nach Säben, um sie in ihre neue Heimat zu begleiten.
Das Einleben und Hineinwachsen in die heute 15-köpfige Gemeinschaft im Stift Nonnberg hat die Südtirolerin gut gemeistert. „Mit der tatkräftigen Unterstützung der Mitschwetern, vor allem durch ihr Gebet. Sie mussten, bevor ich meine Ewige Profess ablege, ihre Zustimmung geben. Da habe ich noch einmal ganz tief gespürt: Sie stehen alle hinter mir.“
Wie wichtig Rückhalt im Leben und Ermutigung ist, hat Sr. Maria Gratia schon mehrmals erfahren. Sie wuchs in einer Familie mit zwei Schwestern auf, die den Glauben mit Freude praktizierte. Sie war erst zwölf Jahre alt als sie ihre, wie sie sagt, erste Berufung erlebte. „Beim Lernen für eine Schularbeit war plötzlich dieser Gedanke da: Geh ins Kloster.“ Die Eltern haben den Wunsch, der sich immer mehr festigte, nicht abgetan, sondern ernst genommen und sind mit ihr nach Säben gefahren. Die damalige Äbtissin habe sie wohlwollend empfangen, ihr jedoch die weitere Schul- und Ausbildung ans Herz gelegt.
Die Jahre vergingen. Sie fängt schließlich in einem Seniorenheim als Köchin zu arbeiten an. Eigenes Geld verdienen, sich ein Auto leisten können – das Ordensleben rückte dabei immer weiter weg. „Ich dachte mir, beten kannst du auch außerhalb der Klostermauern.“
Der Glaube war trotzdem stets präsent. Irgendwann schloss sie sich einer Gruppe an, die die Ewige Anbetung praktizierte. Nach einer solchen intensiven Gebetszeit war auch die Berufung wieder ein Thema. Ein Priester, ihr späterer Geistlicher Begleiter, meinte: „Eine Berufung geht nicht verloren. Es bleibt immer eine Sehnsucht.“ Ihr sei klar geworden: „Das ist der Wille Gottes für mein Leben.“
Was rät Schwester Maria Gratia Frauen und Männern, die mit ihrer Berufung ringen oder noch auf der Suche sind? „Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen. Mir hat die Anbetung geholfen, sie hat mir meine Berufung wiedergebracht.“ Die Begegnung mit Jesus in der heiligen Eucharistie beschreibt die Ordensfrau als größte Kraftquelle und sie empfiehlt Geistliche Begleitung. „Jemanden zu haben, der einem zur Seite steht und Orientierung gibt, das ist das Um und Auf.“
Ein weiterer Ratschlag der Ordensfrau zielt auf das Stillwerden und das In-sich-hineinspüren ab. „Was sagt Gott zu meiner Seele? Die Welt ist so laut und oft können wir es nicht hören. Ich bin deshalb überzeugt, wer sucht, dem kann die Stille helfen, vielleicht sogar Stille Tage im Kloster wie sie am Nonnberg möglich sind.“
Die für Sr. Maria Gratia beste Begleiterin und Führerin zu Jesus ist und bleibt Maria. „Ich habe es immer wieder gemerkt, die Muttergottes ist der Weg zu Jesus. Ich kenne keinen besseren“, unterstreicht die 50-Jährige. Manche stünden der Marienverehrung kritisch gegenüber, weil es ins Kitschige gehe oder es von Jesus als die Mitte ablenke. „Ich sehe es nicht so. Maria versperrt mir nicht die Sicht auf Jesus. Im Gegenteil. Sie ist das Tor zur Christusliebe. Sie ist diejenige, die uns am besten zu Jesus Christus führen kann.“
Wenige Tage vor der Profess und der im Stift Nonnberg traditionell damit verbundenen Monastischen Jungfrauenweihe ist Schwester Maria Gratia voller Vorfreude. Und was antwortet sie, wenn sie jemand fragt, ob sie nicht ihr Leben verpasse oder ob sie nicht früher ins Kloster eintreten hätte sollen? „Das ist der Plan Gottes für mich. Jeder hat einen anderen Berufungsweg. Ich kann heute mit einer inneren Festigkeit sagen: Ich bin mir sicher.“
Feierliche Profess
Gott ist keine Theorie
Schwester Maria Gratia wurde am 15. Juni 1973 als Susanne Maria Waldner in Meran geboren. Nun legte die Benediktinerin im Salzburger Stift Nonnberg ihre Ewige Profess ab. Die 50-jährige gab vergangenen Samstag bei einem Gottesdienst in der Klosterkirche ihr Versprechen, sich dauerhaft an die Ordensgemeinschaft zu binden. Sie empfing die im Stift traditionell damit verbundene Monastische Jungfrauenweihe. Mit Waldner feierten der Diözesanbischof von Bozen-Brixen, Ivo Muser, Äbtissin M. Veronika Kronlachner und Priorin Eva-Maria Saurugg vom Stift Nonnberg sowie die ehemalige Äbtissin des Südtiroler Benediktinerinnenstiftes Säben, Sr. Maria Ancilla Hohenegger, und der Erzabt der Salzburger Benediktinerabtei St. Peter, Korbinian Birnbacher.
Ivo Muser, Bischof der Diözese Bozen-Brixen und damit Heimatbischof von Sr. Maria Gratia, verwies in seiner Predigt auf die starke Verbundenheit der Klöster Säben in Südtirol und Nonnberg in Salzburg. Mit dieser Feierlichen Profess schließe sich menschlich und innerweltlich ein Kreis. „Ich vertraue darauf, dass der Herr der Geschichte und der Kirche dabei Regie führt.“ Weiters betonte er: „Wir brauchen heute mehr denn je Menschen, die das ‚Gott-Suchen‘ zu ihrem Lebensinhalt machen und die uns auch als Kirche eindringlich daran erinnern, dass das Sein vor dem Tun kommt, dass das Tun aus einem Sein herauswachsen muss.“
Gott ist mehr als alles, was uns dieses Leben und diese Welt bieten können.
Bischof Muser appellierte an die Nonnberger Klostergemeinschaft, die entscheidende Frage lebendig zu halten, mit der gläubige Menschen ihre Umgebung „herausfordern, provozieren und unruhig machen: Und wenn es Gott doch geben sollte?“ Das Versprechen in der Feierlichen Profess setze voraus, dass es Gott gibt. Mit ihrem Schritt wage Sr. Maria Gratia es, „alles auf eine Karte zu setzen“. Durch ihre Lebensentscheidung lege sie das Bekenntnis ab: „Gott ist keine Theorie, er ist Wirklichkeit. Gott ist mehr als alles, was uns dieses Leben und diese Welt bieten können.“
Die im achten Jahrhundert gegründete Abtei Nonnberg gilt als ältestes durchgehend geführtes Frauenkloster in Eu-
ropa. Es liegt auf einem Ausläufer des Festungsberges unterhalb der Festung Hohensalzburg in der Stadt Salzburg. Im Stift leben derzeit 15 Schwestern nach der Regel des hl. Benedikt von Nursia (480–547).
eds/mig
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