Kitzbühel. „Hier sagen wir alle ‚Du‘ zueinander. Die Kitzbüheler meinen, wenn wir ‚Sie‘ zu jemanden sagen, dann fehlt‘s schon weit“, sagt Pater Ludwig lachend. Er und seine drei Mitbrüder gehören zur Ordensfamilie der Franziskaner der Immakulata und verbringen ihr Leben mit Maria, mit dem Gebet und in Armut. Das Kloster liegt mitten in Kitzbühel nahe der Hahnenkammbahn.
Alle Jahre wieder strömen tausende Menschen aus aller Welt in die Gamsstadt, um hautnah beim Hahnenkammrennen dabei zu sein. Wenn es dann draußen auf den Straßen und in den Gassen der Stadt laut wird, kehrt in der Kirche der Franziskaner Stille ein. „Wir merken, dass an diesen Tagen die Leute nicht zu uns kommen, die uns normalerweise besuchen und die anderen finden kaum in die Grotte herein“, weiß Pater Ludwig.
„Viele die hier Urlaub machen oder einen Zweitwohnsitz haben, erzählen mir, dass sie der erste Weg bei der Ankunft und letzte Weg vor der Abreise zu uns führt, um eine Kerze anzuzünden.“ Dies sei allerdings in der Zeit rund um das Rennen nicht so. Die Gelegenheit, das berühmteste Schirennen der Welt zu besuchen, nutzen übrigens auch die Brüder des Klosters. „Wir schauen gerne zu. Ein Mitbruder reist sogar extra aus Südtirol an, um dabei zu sein. Wir bekommen immer wieder einmal Freikarten, damit wir selbst Schifahren gehen können“, erzählt Pater Ludwig und gesteht, dass er dabei lieber auf den Naturschnee wartet. Auf eine Abfahrt auf Kunstschnee verzichtet er gerne.
Auf den Hahnenkamm zieht es ihn auch zu Fuß. „Dabei verbinde ich die Bewegung an der frischen Luft mit dem Nützlichen. Ich sammle Brennholz. Kürzlich ist ein Tourengeher stehengeblieben. Er sagte zu mir, er räume bei sich zuhause ebenso den Wald auf.“
Der Kontakt zu den Einheimischen sei in Kitzbühel sehr gut. Sogar aus der Region kommen Leute, um in der Ordenskirche die Beichte abzulegen. „Wir machen unsere Spaziergänge, treffen Messbesucher und wechseln freundliche Worte. Wenn wir bei einem Bauernhof vorbeikommen, sprechen wir für den Stall einen Segen aus.“ Die Kitzbüheler Bevölkerung hätte die Ordensleute wohlwollend aufgenommen. „Unsere Gemeinschaft lebt von der göttlichen Vorsehung. Einige Menschen versorgen uns mit Lebensmitteln oder wir gehen mit ihnen gemeinsam einkaufen. Leider ist es immer öfter so, dass wir Gutscheine von Lebensmittelketten bekommen. Das ist schade, weil der persönliche Kontakt verloren geht.“ Die Brüder kümmern sich um alle Belange, wie Kochen und Putzen, selbst. Im Ort gäbe es allerdings Leute, die manchmal für sie kochen oder ihnen die Wäsche machen.
Unterstützung bekamen die Brüder ebenfalls, um Heizkosten zu sparen. Es war notwendig, die oberste Geschoßdecke des Klosters mit einer Wärmedämmung zu versehen. „Mit einem Spendenaufruf und dank des Vereins, der uns auch bei der Erhaltung unterstützt, wurde das Projekt gestartet.“
Dass Menschen in Not geraten können, passiere auch in Kitzbühel. Es seien vor allem Saisonarbeitende, die entweder noch keinen Job gefunden oder nach Saisonende keine Unterkunft mehr haben. „Wir können nur im äußersten Fall unser einziges Zimmer zur Verfügung stellen, wir sind keine offizielle Notschlafstelle.“
Fünf Stunden verbringen die Brüder täglich mit dem Gebet. Sie sprechen den Rosenkranz vor der Messe, abends halten sie die Heilige Stunde mit dem eucharistischen Segen. „Es freut mich sehr, wenn Leute in unsere Kirche kommen und sagen, hier spüren sie, dass viel gebetet wird.“
Den Start ins neue Jahr feierten die Franziskaner im Kreise ihrer besten Freunde. „Nach dem Rosenkranzgebet und dem Segen, haben wir draußen gemeinsam das Feuerwerk angeschaut.“
Das Franziskanerkloster wurde 1698 bis 1702 erbaut. Der Stifter war der Herrschaftsinhaber von Kitzbühel, Johann Raimund Reichsgraf von Lamberg.
Schneeräumung: Pater Peter in Aktion.
Aktuelles E-Paper