Waidring/Salzburg. Es ist noch ganz früh am Morgen. Schwester Barbara Grundschober macht sich auf den Weg von Waidring nach Salzburg in ihr Mutterhaus, das Kloster Herrnau der Eucharistie Schwestern. Zwei Jahre lang wird sie noch pendeln. Auch wenn Sr. Barbara offiziell seit 1. Jänner in Pension ist, wirkt sie für 25 Stunden in der Pfarre Waidring weiter. Diese Tatsache sehen die Menschen in der Gemeinde im Tiroler Unterland mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits freuen sie sich, ihre Schwester Barbara noch länger um sich zu haben, andererseits wissen sie auch, dass ihr Wirken ein Ablaufdatum hat.
Die gebürtige Niederösterreicherin hat die Herzen der Waidringer erobert. Das sei aber nicht immer so gewesen. „Wenn ich zurückdenke, war es nicht so einfach, dass ich akzeptiert worden bin. Die Leute wollten einen Pfarrer haben. Da ich eine Ordensschwester bin, war es schließlich leichter und ich bin doch relativ bald sehr positiv aufgenommen worden“, erinnert sich Sr. Barbara.
Die Menschen im Ort schätzen ihre herzliche Art und ihr offenes Ohr. Was sie macht, hat Hand und Fuß. Man kann sich auf Sr. Barbara verlassen und sie hat stets den Überblick. „Dank meines Organisationstalents“, sagt sie lachend. „Jeder kann zu mir kommen, kann mich alles fragen und mir alles anvertrauen, kann sich bei mir ausweinen in dem Wissen, dass alles Gesprochene bei mir bleibt.“ Ob bei Liebeskummer, familiären Problemen, Trauerfällen oder auch als Begleitung in schwierigen Situationen – bei Sr. Barbara fühlen sich die Menschen aufgefangen und angenommen.
Vor ihrem Einsatz in Tirol war sie 15 Jahre lang in Thalgau als Pastoralassistentin tätig. Im Jahr 2002 hat sich das Team aufgelöst und sie entschied sich, nach Waidring zu gehen. Dort ist der Pfarrer in Pension gegangen. „So wurde ich als Pfarrassistentin eingesetzt. Seither kümmere ich mich um alles, was ich ohne priesterliche Weihe machen darf.“
Unzählige Taufen, Hochzeiten und auch Beerdigungen habe sie in all den Jahren miterlebt. „Unser Pfarrer ist zuständig für die drei Gemeinden St. Ulrich, St. Jakob im Haus und Waidring. Wenn es ihm nicht möglich ist, zu uns zu kommen, halte ich die Wortgottesfeiern.“
Sie ist stets nah bei den Menschen. Dass Sr. Barbara auch gerne bei Gelegenheit das Tanzbein schwingt, lässt ihr die Herzen zufliegen. Als junges Mädchen sei sie in ihrer Heimat eine leidenschaftliche Tänzerin gewesen. In der Tanzschule holte sie sich, dank ihres Talentes, das bronzene Abzeichen.
„Als ich ins Kloster eintrat, dachte ich, ich kann nie mehr tanzen. Das hat mir schon ein bisschen weh getan“. Die Freude dafür sei immer noch da. Den Walzer mag sie am liebsten. „Ich bin ein bisschen g’schamig, jemanden aufzufordern, aber es freut mich, wenn es sich ergibt.“
Auch im örtlichen Gasthaus ist Schwester Barbara anzutreffen. „Die Leute der Gruppen und Vereine, darunter die Waidringer Weisenbläser, sagen nach dem Auftritt zu mir: ‚Kommst eh mit auf ein Bier?‘ Da bin ich natürlich mit von der Partie, ebenso wie nach Taufen, Trauungen und Beerdigungen. Dabei ergeben sich oft sehr gute Gespräche über den Glauben. Wir gehen in den tiefen Austausch und das schätzen die Leute sehr.“
Dass in der Pfarrgemeinde Waidring auch eine Gruppe von älteren Ministranten den Gottesdienst begleitet, ist ein Stück weit Sr. Barbaras Verdienst. „Ich gehe mit ihnen nach der Messe auf ein Glaserl. Das fördert die Gemeinschaft und macht uns allen Spaß“, erzählt sie schmunzelnd.
Ein wenig Wehmut kommt auf, wenn sie davon spricht, dass sie im Tiroler Unterland in Zukunft ein wenig leiser treten wird. Seit dem Herbst bereitet sie „ihre Gemeinde“ auf den schrittweisen Abschied vor und gleichzeitig ist sie bemüht, Menschen zu finden, die Bereiche übernehmen. „Es freut mich sehr, eine Wortgottesdienstleiterin und Kommunionhelferin gefunden zu haben.“ Spricht sie über ihren gerade gegründeten Liturgiekreis, strahlt sie übers ganze Gesicht: „Zwanzig Jahre ist es mir nicht gelungen und jetzt da ich in Pension gehe, hat es funktioniert.“
In Waidring hat sie in jeden Bereich ihr ganzes Herzblut hineingesteckt. Nun warten ebenso viele Aufgaben in Salzburg. Diese erledigte Sr. Barbara bisher nebenbei. Im Kloster Herrnau wirkt sie als Ökonomin und Verwalterin im Haus. Auch hier wird sie gebraucht. Bevor sie sich nun dem täglichen Geschäft widmet, schweifen ihre Gedanken noch einmal nach Waidring.
„Das letzte Projekt, das ich noch abschließen möchte, ist eine neue Orgel. Da fehlt noch einiges an Geld, aber das bringen wir schon hin.“ Wer Sr. Barbara kennt, hat daran nicht den geringsten Zweifel.
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