RB: Inwiefern beeinflusst die Sicht auf uns selbst unser Leben, unseren Alltag, unsere Beziehungen?
Pierre Stutz: Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben. Wer auch mit sich selbst befreundet ist, der blickt liebevoller, lächelnder ins Leben. Wer sich freut über seine Talente und wer auch täglich einübt, seine Grenzen anzunehmen, der kann mit anderen mitfühlender im Alltag sein. Selbst-, Nächsten- und Gottesliebe heißt der wunderbare Dreiklang, der uns hilft, auch gut für uns selbst zu sorgen. Damit wir die Kraft haben, uns für eine friedvollere Welt einzusetzen. In der Selbstannahme und im Engagement verwirklicht sich die Liebe Gottes auch durch uns. „Sei du selbst die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst“, heißt die Lebensgrundhaltung eines Mahatma Gandhi, die akzeptiert, dass eine innere Zufriedenheit mit sich selbst der erste Schritt auf dem Weg für mehr Frieden weltweit ist.
RB: Wann ist ein positiver Blick auf uns selbst besonders wichtig? Wie können wir diesen stärken und damit etwas verändern?
Stutz: In Zeiten der Selbstzweifel und in Umbruchzeiten ist ein wohlwollender Blick auf meinen Lebensweg sehr entscheidend. Es bedeutet, sich regelmäßig zu erinnern, immer viel mehr zu sein als unsere Fehler, unsere Brüche. Weil wir immer schon bewohnt sind von einem göttlichen Segen, der uns zuspricht, dass es nie zu spät ist, sich verwandeln zu können. Ein spiritueller Weg lädt zu einem Perspektivenwechsel ein, in dem wir das Leben nicht defizitär-negativ deuten, sondern entdecken, wie wir auch am Schweren wachsen und reifen können.
RB: Haben Sie konkrete Anregungen für den Alltag, wie man gut zu sich selbst sein kann?
Stutz: Ich ermutige, beim Aufstehen einen Moment stehen zu bleiben, tief ein- und auszuatmen, um gerade zu stehen für mein Leben, für meine Lebenskraft und meine Verwundbarkeit, für mein Lachen und Weinen. Zu mir stehen und mich verbinden mit allen Menschen, die auf der ganzen Welt so viel Gutes tun, durchbricht Ohnmacht und Resignation. Am Ende eines Tages lade ich ein, einen Moment innezuhalten, um wahrzunehmen, was mir heute gelungen ist, wofür ich dankbar bin und wie ich auch heute zum Segen geworden bin.
In seiner bewegenden Autobiografie gibt Pierre Stutz weitere Anregungen für ein Leben im Einklang. Sie ist im bene!-Verlag erschienen.
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