„Seelsorge ist Begegnung. Was diese Begegnung fördert, ist gut. Was sie hindert, ist schlecht.“ Dieses Zitat, das dem 2010 verstorbenen Salzburger Weihbischof Jakob Mayr zugeschrieben wird, klingt wie eine Kurzzusammenfassung seines Lebenswerks. Der mittlerweile selbst verstorbene Altbischof von Graz-Seckau, Johann Weber, ergänzte es 2007 anlässlich einer Laudatio für Weihbischof Mayr um seine persönlichen Eindrücke vom Geehrten: „Seelsorge bedeutet für dich: ins Gesicht schauen, ernst nehmen, anhören, auch die Bockigen, die Verzagten, die Ungeduldigen ... und dabei eine unerschöpfliche Freude bewahren und in anderen stärken.“ Wenn Mayr zu den Menschen spreche, dann als ein Bischof, „der weiß, dass sein Hirtenstab ein Hirtenstab ist – und nicht ein Zepter“.
Polarisierende Aussagen zu dieser ebenso prägenden wie stets vermittelnden Persönlichkeit der Erzdiözese Salzburg sucht man in den Archiven und Erzählungen vergeblich. Herzlich, umsichtig, ruhig, unaufgeregt, verständnisvoll – all diese positiven Charakterzüge wurden in Nachrufen mit Jakob Mayr in Verbindung gebracht. Was seine Nichte Elisabeth Kandler-Mayr nur bestätigen kann. „Er war immer der ausgleichende, wenn andere polarisierend waren, den Menschen zugewandt, sehr still, ein guter Zuhörer, nicht laut oder polternd. Und wenn er predigte, haben ihm die Leute zugehört, denn er war immer gut vorbereitet und hat es verstanden, mit den Menschen zu reden“, sagt die heutige Ordinariatskanzlerin der Erzdiözese, die in dieser Funktion in die Fußstapfen ihres Onkels getreten ist. „Das hat ihn sehr amüsiert“, erinnert sich Kandler-Mayr.
Die Würdigungen Mayrs zu Lebzeiten ähneln sich. „Er ist ein Stiller. Aber wenn er das Wort ergreift, dann hören auch die Lautesten zu“, urteilte Erzbischof Georg Eder, der ihn auch als „Ruhepol der Erzdiözese“ bezeichnete. „Wenigen Menschen ist es gegeben, mit einigen, still gesprochenen Worten eine derartige Aufmerksamkeit und Konzentration auf das Wesentliche zu erreichen. Bei der Firmung meines Neffen durfte ich erleben, wie unruhige Jugendliche nach wenigen Minuten gebannt zuhörten“, erinnert sich Reinhard Ehgartner, ein Kollege von Mayr beim Österreichischen Bibliothekswerk.
Unvergessen bleiben wird der langjährige Salzburger Generalvikar auch für den Aufbau der freundschaftlichen Beziehungen nach Irland: Mit Wallfahrten auf die Grüne Insel rief er den zweiten Salzburger Diözesanpatron, neben Rupert, den heiligen Virgil, neu ins Gedächtnis der Erzdiözese Salzburg. „1974 war das große 1.200-Jahre-Domjubiläum. Da wurde festgestellt, dass man relativ viel über Rupert, aber fast nichts über Virgil weiß. Daraufhin haben eine Münchner Historikerin und mein Onkel eine Reise ,Auf den Spuren des heiligen Virgil‘ nach Irland organisiert“, erinnert sich Elisabeth Kandler-Mayr. Das Ergebnis mehrerer Pilgerreisen war für beide Seiten befruchtend, denn auch in Irland wusste man kaum etwas über den heiligen Virgil, der letztlich in beiden Ländern bekannter wurde. „Im irischen Bray wurde dann sogar eine Virgilkirche gebaut“, weiß Kandler-Mayr, die sich schon auf das demnächst in Salzburg gefeierte 50-Jahr-Jubiläum der Irland-Beziehungen freut.
Aus Anlass seiner Bischofsweihe erwählte Jakob Mayr den Wahlspruch „Deus Caritas“ („Gott ist die Nächstenliebe“). In diesem Geiste übte er nicht nur seine Ämter aus, sondern lebte sein ganzes Leben.
Gedenkgottesdienst
Am Mittwoch, 24. Juli wird um 7.20 Uhr im Salzburger Dom die Kapitelmesse im Gedenken an Weihbischof Jakob Mayr gefeiert.
Jakob Mayr, geb. am 24. Juli 1924, war das dritte von sechs Kindern einer Bergbauernfamilie in Kirchbichl (Tirol). Verletzt aus dem Krieg heimgekehrt, studierte er in Salzburg Theologie und wurde 1950 zum Priester geweiht. Nach Stationen in Thiersee, Zell am Ziller, Mayrhofen und der Dompfarre war er als Jugendseelsorger sowie als Präfekt am Borromäum tätig. Als Pfarrer wirkte er in Bad Häring und Wörgl. Jakob Mayr bekleidete eine Vielzahl hoher Kirchenämter. 1969 wurde er Ordinariatskanzler, 1970 Domkapitular. Paul VI. ernannte ihn 1971 zum Weihbischof von Salzburg, von 1973 bis 1993 wirkte er als Generalvikar der Erzdiözese Salzburg, danach als Bischofsvikar für die Orden. Er starb 2010 im Alter von 86 Jahren und wurde in der Domgruft bestattet.
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