Erst denkt man sich nichts, dann spürt man leichten Groll, der – sobald sich Situationen häufen – zu einem Ärgern heranwächst. „Oft spricht man Dinge, die einen stören, nicht gleich an, weil man keinen Streit vom Zaun brechen oder die Harmonie stören will. Aber so schluckt man die Verstimmtheit nur hinunter, bis man vor Ärger innerlich fast explodiert“, beschreibt Barbara Rampl. Die Kommunikationsberaterin weiß, dass man in dieser Phase emotional schon auf einer Stufe ist, die ein normales, offenes, freundliches Ansprechen des Problems schwer macht.
Was hilft dann noch?
Reden. Ihr Tipp: „Trennen Sie den Menschen von seinen Taten. Auch wenn Ihnen gerade nicht gefällt, was Ihr Nachbar oder Ihre Nachbarin tut, er oder sie ist eine wertvolle Person. Es macht einen Unterschied, ob man denkt oder sagt: ‚Du bist ein Störenfried!‘ oder „Wenn du um 5 Uhr morgens Schnee räumst, stört mich das!“
Das Gespräch suchen
Schildern Sie die Situation so konkret wie möglich, ohne zu verallgemeinern. Verzichten Sie auf Wörter wie „immer“, „dauernd“ oder „ständig“. Ein Beispiel: „Gestern und vorgestern hast du um 5 Uhr begonnen Schnee zu räumen.“ Versuchen Sie anschließend in Ich-Aussagen mitzuteilen, wie es Ihnen geht und was Sie brauchen, um friedlich nebeneinander leben zu können: „Ich bin genervt und gerädert, wenn ich um 5 Uhr geweckt werde. Ich brauche den Schlaf, um den Tag zu schaffen.“
Dann eine Bitte formulieren
„Auch eine Bitte soll konkret sein. Sagen Sie, was Sie wollen, und nicht, was Sie nicht wollen“, rät die Kommunikationsexpertin: „Eine Bitte ist nur dann eine Bitte, wenn das Gegenüber auch ‚nein‘ sagen kann. Sonst ist es eine Forderung.“ Auf Letztere reagieren viele abweisend und sie blockiert den Lösungsversuch. „Reagieren Sie auf ein Nein mit einer Frage und binden Sie Ihr Gegenüber in die Lösungssuche mit einem ‚Hast du eine andere Idee?‘ ein“, schlägt Barbara Rampl vor: „Menschen sind auf Kooperation eingestellt und tragen gerne zur Lösungsfindung bei, wenn sie merken, dass auch ihre Bedürfnisse und Wünsche ernst genommen werden und sie mitentscheiden können. Gemeinsam findet man mehr Lösungsmöglichkeiten.“ Es ist also hilfreich, zuerst zu hören, wie es dem anderen geht und was dieser will. Denn: „Ein Mensch, der gehört und verstanden wurde, ist auch in der Lage, anderen zuzuhören und sie verstehen zu wollen“, betont Rampl.
Objektiver Blick von außen
Es gibt aber auch Situationen, in denen es besser ist, externe Hilfe wie eine Mediation oder ein persönliches Coaching in Anspruch zu nehmen. Vor allem dann, wenn man schon selbst den Eindruck hat, die Urteile über die Vorwürfe gegen den Nachbarn nicht mehr ablegen zu können und ein freundliches Gespräch – außerhalb eines Streitfalls – nicht mehr möglich ist. „Außenstehende Begleitung hat einen unvoreingenommenen, objektiven Blick auf die Situation, ermöglicht diese neu oder anders zu deuten, sorgt dafür, dass jede Partei ihre Anliegen einbringen kann und gehört wird, und unterstützt wertschätzend beim Finden von Lösungen, die für alle passen“, so die Kommunikationsexpertin.
Menschen tragen gerne zur Lösungsfindung bei, wenn sie ernst genommen werden und miteinscheiden können.
Barbara Rampl aus Wörgl ist mit Potenzialraum selbstständige Kommunikationsberaterin und -trainerin
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