Das Leben Jesu ist aufs Engste mit Frieden verbunden, besonders am Anfang und am Ende seines Daseins auf Erden. Anfang und Ende, diese ausgezeichneten Momente, sie gehören Gott und verweisen tief in das Göttliche hinein. Das gilt gerade für den Beginn und das Ende menschlichen Lebens.
Anfang und Ende umgeben auch das Dazwischen, das Andere, das Irdische, das unser konkretes Dasein einschließt. Friedensmomente sind hier rar, beschränken sich auf Tabormomente. Ja, Friede muss in dieser Zwischenzeit errungen werden. Er ist mit Mühe verbunden, und dabei stärkt uns das Wort Jesu: „Selig, die Frieden stiften.“ Das Bemühen um diesen Frieden ist ein Ringen um Gerechtigkeit.
Auch das Beten der Kirche antwortet auf unser Sehnen nach Frieden. Die Eucharistiefeier, „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“, beginnt in ihrer bischöflichen Form mit der Zusage „Der Friede sei mit euch!“ An Sonn- und Festtagen erklingt der Ruf der Engel „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.“
In der Heiligen Schrift ist nach der neuen Einheitsübersetzung von den „Menschen seines Wohlgefallens“ die Rede. Es sind die Hirten, die Gott wohl gefallen. Sie stehen für die Wachsamkeit vor allem Gott gegenüber. Gott in sein Leben treten zu lassen, heißt auch sich selbst zurückzunehmen – nicht sich selbst und des Menschen Errungenschaften zu feiern, wie es heute nicht selten alltäglich geworden ist. Wenn wir wachsam und ansprechbar bleiben, kann auch in unserem Leben der von den Engeln kundgetane Friede plötzlich durchbrechen. Und auch am Ende der Messfeier begegnet wiederum der Friede, wenn es heißt „Gehet hin in Frieden!“. Mit diesen Worten sind wir gesendet in den Alltag unseres Lebens.
So verbindet uns die Liturgie der Kirche Sonntag für Sonntag mit dem Leben Jesu und mit dem weihnachtlichen Frieden des Hirtenfeldes, wo die Engel Jesu Geburt künden. Als Christen bekennen wir: Gott lebte in diesem Kind. Es war der Sohn des lebendigen Gottes, der Messias, der Gesalbte – Jesus von Nazareth. Weise Männer lasen seine Geburt in den Sternen, sie zogen aus der Ferne hin in den armseligen Stall, der dem Kind als Wiege dienen musste.
Beten wir für den Frieden – nicht nur in der Welt, sondern auch in uns. Der Herr, der Fürst des Friedens ist nahe.
Einfache Hirten begrüßten das göttliche Kind, das all seiner himmlischen Macht beraubt in der Krippe lag. Nicht den Reichen, Mächtigen, den hohen Würdenträgern hatte Gott sich gezeigt – es waren Fremde, Arme, die Randgruppen. Jesus beginnt sein Leben in Armut und in der Fremde.
Einige Zeit später war dieses Kind bereits auf der Flucht und einige Jahrzehnte später wurde Jesus von Nazareth an ein Kreuz genagelt. Wir sehen: Der Friede der Welt ist nicht identisch mit dem Frieden des Himmels: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch,“ heißt es im Johannesevangelium.
Trotzdem, jedes Jahr feiern wir die Geburt des Erlösers. Weihnachten lädt für einen neuen Anfang ein. Wir dürfen uns in den Ursprung von Betlehem erinnernd hineinversenken. Darüber hinaus können wir Ausblick halten, es wird gut ausgehen.
Und vergessen wir nicht: Beten wir für den Frieden – nicht nur in der Welt, sondern auch in uns. Der Herr, der Fürst des Friedens ist nahe. Bleiben wir wachsam! Gehen wir nicht achtlos an den Nöten der Zeiten vorbei! „Verhärtet nicht euer Herz“ – so mahnt die Heilige Schrift.
Erheben wir unsere Augen auf zum Stern über Betlehem! Er weist uns den Weg; und stimmen wir in den Lobgesang der Engel ein: „Ehre sei Gott in der Höhe!“ Dann wird auch Friede sein, bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Es grüßt und segnet Sie
Erzbischof Franz Lackner
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