Salzburg. „Bei einem Gottesdienst im Aufenthaltsraum einer Station saßen vornehmlich ältere Damen und ein älterer Herr. Wir feierten und der Mann schlief ein, nur bei der Kommunion war er wach. Nach der Messe sagt er, wie schade es sei, dass nur so wenig Leute da waren. Was für ein Wortwitz, denn er war ja selber nicht wirklich dabei. Dafür war er nach dem Gottesdienst hellwach und stand der Damenrunde als einfühlsamer Seelsorger zur Seite“, erzählt Gerhard Hundsdorfer schmunzelnd eine Episode aus seinem Seelsorgerdasein. Es gebe auch in seinem Beruf Erlebnisse, die einem ein Lächeln auf die Lippen zaubern, sagt der Leiter der Seelsorger des Landeskrankenhauses in Salzburg. Zumeist jedoch sind seine Aufgaben mit Schmerz und Leid verbunden. Angehörige, kranke Menschen, Notfälle zu begleiten und in der Krisenintervention zu wirken, gehören zu seinem Alltag.
„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass auch bei intubierten, schlafenden Patienten der seelsorgerische Aspekt beachtet werden muss. Sie brauchen diese menschliche Berührung ebenso. Es macht einen Unterschied, ob ich mich einfach kurz mit dem Monitor beschäftige oder ob ich eine Begrüßung ausspreche.“ So machen er und sein Team immer wieder die Erfahrung, dass die Zuwendung der Angehörigen an den Vitalparametern zu sehen ist. Manche reagieren auch mit Augenblinzeln oder einer Bewegung.
Wie wichtig die Arbeit der Krankenhausseelsorge ist, zeigt auch eine andere Geschichte. So wurde Gerhard Hundsdorfer in der Osternacht von einem schwerkranken Mann um die Kommunion gebeten. „Kurz vor der Verabschiedung fragte er mich, was es mit der Auferstehung auf sich hat. Nach dem Gespräch war er ganz ruhig und zwei Wochen später schlief er friedlich ein.“
Manchmal brauche es keine großen Worte, es genügt einfach da zu sein. Wie im Fall der Frau, die bereits viele schwere Verluste im Leben ertrug, und sich nun von ihrem Ehemann verabschieden musste. „Sie sagte ,Gott ist nicht lieb. Er hat mir immer nur draufgegeben.‘ In diesem Moment war es meine Aufgabe, wirklich die Unbegreiflichkeit Gottes für mich als Seelsorger und Theologe zu nehmen und ihrer Klage und Wut Raum zu geben.“
Spricht man Sterbende darauf an, was sie am meisten bereuen, seien es nicht die Freizeitaktivitäten oder Urlaube, sondern es sind meist Lebensereignisse. Warum bin ich der Liebe nicht gefolgt? Warum habe ich mich nicht versöhnt? Das sind die am öftesten gestellten Fragen. „Wir ermutigen die Menschen, sich noch mit anderen zu versöhnen, damit dieser loslassen kann.“ Oft braucht es auch nur den Besuch einer bestimmten Person. Es muss gar nicht immer um Versöhnung gehen. „Ich kann mich an eine junge Frau nach einem schweren Unfall erinnern, die konnte sterben, nachdem ihre geliebte Schwester bei ihr war.“
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