Salzburg. Eine Gruppe junger Mädchen steigt in den Bus ein. Eines davon telefoniert und scheint sehr aufgebracht. Das Gespräch dreht sich um eine Mitschülerin, die zuhause Gewalt erfährt. Die Antworten des Mädchens lassen darauf schließen, dass sie mit einem Mitarbeiter einer Einrichtung telefoniert, die für diese Problematik zuständig ist. Nachdem das Telefonat beendet ist, berichtet die Schülerin von den Ratschlägen, die sie von dem Experten bekommen hat.
„Ich finde es gut, dass sie sich an eine zuständige Stelle gewandt hat, um darüber zu sprechen“, sagt Susanne Savel-Damm, Leiterin der Partner- und Familienberatung der Erzdiözese Salzburg. Es sei wichtig, darüber zu sprechen und sich Hilfe zu holen, damit die Gewalt aus der Grauzone kommt.
Kinder und Jugendliche, die zuhause Gewalt erfahren, stellen sich die Frage, warum Vater, Mutter oder auch beide Elternteile zu diesen Taten fähig sind, wenn „sie mich doch lieb haben“. Sie haben das Gefühl, mitverantwortlich dafür zu sein, schämen sich oder haben Angst, jemandem davon zu erzählen. Sehr oft seien es Hilflosigkeit und Überforderung der Erwachsenen, wenn sie in der Erziehung an Grenzen kommen.
Nehmen Mütter und Väter wahr, dass sie mit der Situation nicht fertig werden und Gefahr laufen, sich unangemessen und grenzverletzend zu verhalten, ist es ratsam, sich professionelle Hilfe zu holen. Ein spürbarer Leidensdruck löse dies in den meisten Fällen aus. Beginnt die Intervention zu einem Zeitpunkt, da alles noch gut überschaubar ist, seien die Chancen gut, eine Eskalation zu stoppen und Gewalt zu verhindern.
„Zu uns kommen auch Leute aus der Verwandtschaft, aus dem Freundeskreis, Nachbarn oder auch das Lehrpersonal, die als aufmerksame Beobachter merken, dass in einer Familie etwas nicht stimmt. Unser Fokus liegt auf der Prävention.“
Die Gewalt beginne mit rohen Worten, Anschreien, Beleidigungen. Festhalten gegen den Willen, ein grober Klaps. Schubsen, Stoßen, Einsperren im Zimmer, Erpressung, Liebesentzug über einen längeren Zeitraum und Ähnliches seien bereits die nächste Stufe. Da werde das Kind zwar noch nicht verletzt, es ist aber schon ein Übergriff. „Unsere Aufgabe ist es, klarzumachen, dass dies bereits Gewalt und nach der Kinderrechtskonvention verboten ist. Wir versuchen die Einsicht zu fördern und andere Lösungen zu finden“, erklärt Savel-Damm.
Mit dem Wissen, dass die Möglichkeit besteht, sich Hilfe zu holen, sei eine der wichtigsten Maßnahmen gegen gewaltvolles Verhalten gesetzt. „Das muss noch keine professionelle Beratung sein. Auch das Gespräch im Freundeskreis kann zu Überlegungen führen, wie diese Situation zu bewältigen ist.“
Neben Überforderung, eigener Gewalterfahrungen in der Kindheit können auch Suchtverhalten, wie Alkohol- und Drogenmissbrauch, Gewalthandlungen in der Familie auslösen. Es wirken viele unterschiedliche Faktoren zur Entstehung von Gewalt zusammen. Das Ziel in der Eltern- und Paarberatung ist, das gewalttätige Verhalten zu beenden und alternative Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
„Es gibt auch Fälle, bei denen der Täter, die Täterin nicht einsichtig sind. Wenn dazu die Übergriffe so massiv werden, dass wir in der Beratung keine Mittel mehr sehen, diese Gewalt zu unterbrechen, haben wir Beraterinnen, Sozialarbeitende und Lehrpersonen eine Mitteilungspflicht an die Kinder- und Jugendhilfe“, betont die Familienberaterin. Dies falle unter das Strafrecht. Darüberhinaus ist jede Person berechtigt eine Kindeswohlgefährdung zu melden.
Weiter Infos
Partner- und Familienberatung
„Reden tut gut!“ für junge Menschen In Salzburg Stadt, Pongau, Lungau, Pinzgau
Kontakt: 0662/8047-6700
www.familienberatung-sbg.at
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