Salzburg. „Ich habe mir im Traum nicht vorstellen können, welche Probleme auftauchen“, gesteht Alfred. Der 41-jährige Salzburger ist Vater eines achtjährigen Sohnes und lebt seit einem Jahr mit seiner neuen Lebensgefährtin Gertraud zusammen. Sie hat eine kleine Tochter, die gerade Fünf geworden ist. Für die Patchwork-Familie ist jeder Tag eine Herausforderung.
Das Drama beginnt meist schon in der Früh. Wer darf als Erster ins Bad? Warum bekommt der „andere“ mehr Taschengeld? Warum wird sie heute von der Schule abgeholt und ich nicht? Schon an den kleinen Dingen des Alltags reiben sich die vier auf. Dabei hat sich das Paar das Zusammenziehen so schön vorgestellt. Nach schmerzvollen Trennungen freuten sie sich, wieder das Glück gefunden zu haben. Doch schon bald entstanden die ersten Konflikte. Eine Freundin rät der Familie, sich Hilfe von außen zu holen.
„Zu Beginn eines Gespräches gebe ich den Eltern sehr gerne Bilder, was Patchwork bedeutet. Es ist ein Flickwerk aus unterschiedlichen Stoffteilen und mit viel Liebe und Geduld entsteht daraus wieder etwas Neues und Ganzes“, erklärt Monika Meisl, Beraterin beim Verein Rainbow. “ Diese Teile seien keine weißen Stoffe, sondern mit Mustern und Farben. „Es kommt darauf an, eine Anordnung zu finden, dass es wieder eine Harmonie gibt.“ Es sei fast ein Schock für die Eltern, wenn sie erklärt, dass Patchwork zwischen vier und sieben Jahren dauert, bis eine tragfähige Familie daraus wird. „Der Zeitfaktor ist das Wichtigste. Einerseits entlastet diese Tatsache die Eltern, andererseits erzeugt das Stress, weil sie hoffen, dass es viel schneller geht.“
Erwachsene brauchen Zeit, um ihre alten Verletzungen aufzuarbeiten, Kinder wiederum müssen den Verlust der Ursprungsfamilie betrauern. Eine Patchwork-Familie solle langsam zusammenwachsen. In der neuen Konstellation darf jedes Mitglied seinen Platz finden. Zum guten Funktionieren gehören Respekt, Offenheit und Wertschätzung. Wichtig ist, dass die Kinder an erster Stelle stehen und die Eltern müssen aufpassen, nicht in Machtkämpfe einzusteigen. Der leibliche Elternteil habe die Aufgabe, Regeln und Strukturen vorzugeben. Der Teil, der dazukommt, sollte eher eine freundschaftliche Basis finden. „Ältere Jugendliche tun sich erfahrungsgemäß schwerer, den ‚Neuen‘ als Autorität anzuerkennen. Da ist es klüger, ein freundschaftliches Verhältnis aufzubauen.“ Der Stiefelternteil dürfe sich nicht ungefragt in die Erziehung einmischen. Bei kleinen Kindern bis zu zwei Jahren sei es wesentlich leichter, in die Elternrolle zu schlüpfen. „Die Kinder in der Altersgruppe zwischen sechs bis zwölf Jahren, die tun sich meistens am schwersten. Sie bekommen Schuldgefühle, wenn sie zum Beispiel die neue Frau vom Papa nett finden.“
Die größten Problem gäbe es, wenn die getrennt lebenden Eltern nicht kooperieren. „Der leibliche Elternteil sollte alleine Zeit mit dem eigenen Kind verbringen. Und für die Eltern ist es ratsam, sich als Paar Raum zu schaffen für diese große Aufgabe“, rät die Expertin.
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