Salzburg. „Leider spiele ich nur mehr selten auf der Gitarre. Meine Finger machen nicht mehr so mit, wie ich möchte“, sagt Prälat Matthäus Appesbacher mit einem Lächeln. Diesmal macht er eine Ausnahme. Vorsichtig streicht er über die Saiten und singt dazu. Das Musizieren macht ihm sichtlich Freude. Das Gitarrespielen hat er als Schüler im Borromäum gelernt. Als junger Mann leitete der gebürtige St. Gilgener das Katechetische Amt der Erzdiözese Salzburg, heute das Amt für Schule und Bildung, unter dem damaligen Erzbischof Eduard Macheiner. Er wirkte als Domkapitular und Bischofsvikar. Auch heute noch, im 86. Lebensjahr, werden sein Wissen und seine Erfahrung geschätzt. So spricht er als Referent bei einer Tagung in St. Virgil zu einem Thema, das sich mit essentiellen Fragen rund um das Älterwerden beschäftigt.
Den Titel „... auch wenn die Welt kleiner wird“ sieht Prälat Appesbacher nur in der äußeren Welt bestätigt. „Auf der einen Seite wird sie kleiner, weil die Fähigkeit, Dinge zu gestalten nicht mehr so funktioniert. Dazu gehört auch, dass es im Alter schwieriger ist, Situationen zu verarbeiten. Die Kräfte lassen nach und es kommen Bedenken, ob man die Ansprüche des gefüllten Terminkalenders schafft.“ Andererseits werde die Welt in gewisser Weise größer, wenn sich ein Eintreten in unser Inneres vollzieht. „Es ist ratsam, kurze Pausen zu machen, sich vermehrt dem Gebet zu widmen. So lerne ich zu unterscheiden, was in diesem Augenblick wirklich wichtig ist.“
Dazu gehöre auch ein Ordnen und Strukturieren nach den eigenen Werten. „Dabei stelle ich mir täglich drei Fragen: Was habe ich? Was will ich? Was brauche ich? Das schafft einen guten Ausgangspunkt, wenn ich dies konsequent praktiziere.“
Menschen, die sich mit dem Älterwerden schwer tun, sollten sich mit der Frage beschäftigen: Womit bin ich versöhnt? Womit nicht? „Vertrauensvolle Freundschaften oder professionelle Begleitung unterstützen beim Prozess das herauszufinden, was belastend ist.“ Ganz für sich alleine funktioniere eine Methode sehr gut, wenn negative Gedanken auftauchen sollten: „Gehe niemals schlafen, ohne drei Dinge zu nennen, für die man dankbar ist.“
Zu versuchen, Situationen in einem positiven Licht zu beleuchten, erhelle das ganze Leben. Und könne sogar einen Tinnitus fast verstummen lassen: „Mich über mein Ohrgeräusch zu ärgern, nützt nichts. Ich habe versucht, mich an alte Gedichte zu erinnern, die ich im Alter noch auswendig kann. Durch diese Konzentration bin ich abgelenkt und mein Tinnitus ist schwächer.“
Statt bei Gedanken des Alterns hängen zu bleiben, könnten diese unterbrochen werden. „Ich sage mir: Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Wofür habe ich Zeit? An die freudigen Begegnungen des heutigen Tages zu denken. Das stoppt das Gedankenkarussell und baut mich auf“, weiß Prälat Matthäus Appesbacher aus eigener Erfahrung.
Auch Einsamkeit sei ein Thema, das ältere Menschen beschäftigt. Wie er selbst damit umgeht? Er lade regelmäßig Gleichgesinnte zu einer so genannten „Frühstücksrunde“ zu sich nachhause ein. Dabei wird unter anderem über frühere Zeiten gesprochen, es werden Erinnerungen und Erfahrungen ausgetauscht. „Menschen, die alleine leben, müssen nicht einsam sein. Ich kann auf andere zugehen, um die Einsamkeit zu überwinden.“
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