Siezenheim. Auf der schneebedeckten Wiese vor dem Haus spitzen zwei Esel neugierig die Ohren. Bei den Hühnern hingegen scheint ein Besuch keinerlei Gefühlsregung hervorzurufen. Unbeirrt picken sie draußen vor dem Hof noch nach Futter. Drinnen im Bauernhaus in Wals-Siezenheim sitzen Alois und Helene Berger in der gemütlichen Stube. Die Vertrautheit zwischen der 94-Jährigen und dem 92-Jährigen ist gleich spürbar. „Immerhin sind wir schon seit siebzig Jahren verheiratet und wir meisterten alle Höhen und Tiefen miteinander“, sagt Alois Berger und hält seiner Frau liebevoll die Hand.
Im Gespräch werden die Erinnerungen an damals wach, als sich das Paar kennen lernte. „Wir wohnten ganz in der Nähe zueinander und kannten uns vom Sehen. Es war die Schwester von Helene, die uns zusammengebrachte. Sie lockte uns bei einem Ausflug auf den Gaisberg und nach einige Zeit waren wir zusammen“, erzählt der Hausherr lächelnd.
Ein Jahr später kam der Heiratsantrag und am 23. November 1953 feierten die beiden ihre Hochzeit. So schlecht das Wetter an diesem Tag war, so groß die Freude über die Trauung. Wohl auch deshalb, weil die Braut zu diesem Zeitpunkt schon guter Hoffnung war. „Unsere Tochter Gabriele ist schon unterwegs gewesen“, verrät Helene Berger. „Unser Kind kam aber viel zu früh auf die Welt und wir wussten nicht, ob sie durchkommt“, sagt ihr Gatte mit einem sorgenvollen Ausdruck im Gesicht.
Doch der Lebenswille der Kleinen war stark und nach einigen Monaten Krankenhausaufenthalt durfte Gabi nachhause. Ein Jahr später kam Sohn Wolfgang auf die Welt und nach einer Pause von sechs Jahren schließlich noch Sohn Christoph.
Ihren Friseurladen übergab Helene Berger nach der Pensionierung ihrer Tochter. Doch mit Sechzig war für sie noch lange nicht Schluss. Gemeinsam mit ihrem Mann eröffneten sie eine Buschenschank direkt am eigenen Hof. Zwanzig Jahre lang machte ihnen diese Arbeit jede Menge Spaß und sie bewirteten unzählige zufriedene Gäste.
Was heute geblieben ist, sind die Erinnerungen an diese freudvolle Zeit. Das gilt nicht nur für den Beruf, sondern auch für die Feiern, die sie als Familie erlebt haben. So sind es auch die gemeinsamen Weihnachtsfeste, die unvergessen bleiben. „Die ersten gemeinsamen Weihnachten als Ehepaar feierten wir im Zuhaus, das neben dem Hof von Alois‘ Eltern steht“, weiß Helene Berger noch heute. Und wie sie so über die besinnliche Zeit spricht, kommen die Erinnerungen an ihre Kindheit hoch: „Die Aufregung war groß, doch bevor wir Bescherung hatten, beteten wir einen Rosenkranz.“ Auch ihr Mann kann noch so einiges über die Weihnachten als kleiner Bub erzählen: „ Bis ich in die Schule kam, glaubte ich ans Christkind. Geschenke gab‘s nicht viele und doch war Weihnachten für uns immer schön und der Besuch der Mitternachtsmette Pflicht.“
Auch später, als er eine eigene Familie hatte, war es üblich, die Christmette zu besuchen. Nur in der Zeit, als die Kinder klein waren, sei dies nicht möglich gewesen, so Helene Berger. Was stets stattfand, war eine gemeinsame Feier am Heiligabend mit der ganzen Großfamilie samt den drei Enkerln. „Die Bescherung hat bei uns in der Stub‘n stattgefunden“, sagt sie mit strahlenden Augen. Die Geschenke sind unter dem einfach geschmückten, raumhohen Baum gelegen. „Das war nie so übertrieben, sondern immer traditionell und bäuerlich“, so Alois Berger. Singen gehörte ebenfalls zum weihnachtlichen Brauch in der Familie. „Helene, ihre Schwester und ihre Tante stimmten die bekanntesten Weihnachtslieder an. Die drei waren früher so gute Sängerinnen, dass sie sogar im Rundfunk gesungen haben“, sagt er nicht ohne Stolz.
Das Paar, das auf siebzig Ehejahre zurückblickt, denkt heute noch gerne an diese festlichen Zusammenkünfte zurück. Bis auf Weihnachten im Jahr 1963. Einen Tag vor dem Heiligabend starb die Mutter von Alois plötzlich und unerwartet. „Es war ein klirrend kalter Winter mit minus 23 Grad. Meine Mutter war im Leichenhaus offen aufgebahrt. Auch wenn es seltsam klingt, haben wir ihr damals eine Decke um ihre Füße gewickelt.“
Seit seine Frau gesundheitliche Probleme hat, geht das Paar Weihnachten gemütlicher an. „Wir feiern heuer alleine und der Besuch der Mette ist für Helene zu beschwerlich.“ Auch wenn manches leiser und langsamer geworden ist, bei den Bergers ist eines noch immer lebendig – und das ist die unerschütterliche Liebe zwischen den Zwei‘n.
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