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Salzburg. Petra Plonner ist Schulleiterin, Unternehmerin und Vorsitzende der Bürgerbewegung www.fairändern.at – ein Verein, der die Umsetzung lange versprochener flankierender Maßnahmen zur Reduktion von Abtreibungen fordert. Dazu zählen transparente Daten wie die Einführung einer anonymen Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und die regelmäßige wissenschaftliche Erforschung der Motive für Abbrüche.
RB: Ihr Engagement für den Lebensschutz hat auch einen biografischen Hintergrund. Was sind Ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Thema?
Petra Plonner: Auch wenn über Abtreibung nicht viel gesprochen wird, so sind doch viele davon betroffen. Auch ich selbst. Ich bin als Schülerin ungeplant schwanger geworden und stand unter einem massiven Schock. Der Ausweg Abtreibung – also einfach wieder „unschwanger“ sein – schien der einfachste. Leider habe ich mit niemandem darüber geredet, die Sache einfach schnell durchgezogen und danach fürchterlich bereut.
Verurteilung tut niemandem gut, schon gar nicht in einer Notsituation. Ein offenes, verständnisvolles Ohr kann jeder schenken.
RB: Beim Lebensschutz geht es um Hilfe, auch um das richtige Wort im richtigen Moment. Was hilft? Wo bekommen Frauen konkrete Hilfe?
Plonner: Zunächst einmal hilft Empathie. Verurteilung tut niemandem gut, schon gar nicht in einer Notsituation. Ein offenes, verständnisvolles Ohr kann jeder schenken. Dazu sind allerdings gute Beziehungen eine Voraussetzung. Wenn solche Beziehungen fehlen, müssen Beratungsstellen rasch und unkompliziert verfügbar sein. Da können wir in Österreich noch ordentlich nachlegen. Frauen, die Beratungsstellen aufsuchen, suchen einen guten Weg und nicht die schnelle „Lösung“ Abtreibung. Genauso sollten sie auch beraten werden. Wir dürfen ihnen zu verstehen geben, dass sie nicht allein sind. Auch dann nicht, wenn sie sich für das Kind entscheiden.
RB: Was braucht es vonseiten der Politik, Kirche und Öffentlichkeit in der Debatte?
Plonner: Ich finde es traurig, dass das Kinderkriegen in der öffentlichen Debatte so negativ bewertet wird. Kinder sind Armutsfallen, Karrierekiller, CO2-Schleudern? Kinder sind wahrer Reichtum! Sie lassen uns wachsen – als Individuen und als Gesellschaft. Wir sollten wieder öfter darüber reden, warum es so gut ist, Kinder zu bekommen, und nicht, warum wir keine bekommen sollten. Da brauchen wir tatsächlich einen „Klimawandel“. Natürlich braucht es auch konkrete Unterstützung von Seiten des Staates, besonders für Alleinerziehende, aber auch Entlastungen für Familien, damit das Leben leistbar ist.
RB: Die Debatte hat ja gerade wieder Fahrt aufgenommen. „Schwangerschaftsabbrüche sind ein Menschenrecht“, sagen Aktivisten. Das EU-Parlament hat sich für die Aufnahme eines Rechts auf Abtreibung in die Europäische Grundrechte-Charta ausgesprochen ...
Plonner: Zunächst einmal muss gesagt werden, dass es um die „Freiheit zur Abtreibung“ geht und nicht – wie fälschlicherweise medial kolportiert – um ein Recht. Leider muss ich dennoch zustimmen: Landläufig wird es als Recht verstanden. Das ist fatal und widersinnig. Der österreichische Gynäkologe Peter Husslein, der in seiner Privatklinik auch Abtreibungen durchführt, sagt: „Jede Abtreibung ist eine Tötung.“ Wie kann eine Tötung ein Recht sein? Darüber wird nicht gesprochen. Stattdessen wird vehement behauptet, dass Abtreibungen reine Gesundheitsleistungen für die Frau sind, sonst nichts. Wir helfen niemandem damit, wenn wir Abtreibungen bagatellisieren. Jeder weiß, dass eine Frau, die schwanger ist, ein Kind erwartet. Auch wenn darüber nicht gesprochen werden darf, ändert es nichts an der Tatsache.
Laut einer Umfrage wird jede zweite Frau vom Partner oder von ihrer Familie zur Abtreibung gedrängt. Das ist Gewalt an der Frau!
RB: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Debatte um Schwangerschaft in den letzten 20 Jahren?
Plonner: Ich glaube, dass die Frauenrechtsbewegung steckengeblieben ist. Frauen werden schon längst nicht mehr dazu gedrängt, möglichst viele Kinder zu bekommen. Das Gegenteil ist der Fall: Wie eine kürzlich von unserer Bürgerbewegung #fairändern in Auftrag gegebene IMAS-Umfrage zeigt, wird jede zweite Frau vom Partner oder von ihrer Familie zur Abtreibung gedrängt. Das ist Gewalt an der Frau! Viele von ihnen kommen in meine Beratung, weil sie damit nicht zurechtkommen und ein Leben lang darunter leiden. Es darf und muss weiterhin gesagt werden: Eine Abtreibung ist ein Übel, das sich niemand wünscht. Wenn wir an ein paar Rädchen drehen, könnten wir viele davon vermeiden. Ich hoffe, dass es uns als Gesellschaft gelingt, diesen lauten Druck zur Abtreibung zu überwinden und wieder verstärkt Ja zum Ungeplanten zu sagen. Ich habe viele Frauen begleitet, die ihre Abtreibung bitterlich bereuten. Ich habe noch keine Frau getroffen, die es langfristig bereut hätte, trotz widriger Umstände ihr Kind bekommen zu haben.
wissenswert
Das „Forum Neues Leben“ feiert am 14. Mai sein 20-jähriges Bestehen. 2004 vom Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser gegründet, engagiert es sich für bioethische Themen und den Schutz des Lebens. Ursprünglich als Reaktion auf die Einrichtung der Abtreibungs-Ambulanz an den Salzburger Landeskliniken ins Leben gerufen, entwickelte sich das Forum zu einem Netzwerk aus Kirche, Politik und Medien, das sich intensiv mit Fragen rund um die Abtreibung auseinander setzt.
Im Jahr 2006 fand im Salzburger Dom der erste „Gottesdienst für das Leben“ statt – dabei empfängt der Erzbischof Kinder und Eltern. Heuer findet der Gottesdienst für das Leben am 26. Mai um 15 Uhr statt. Auf die Feier im Dom folgt ein Empfang im Bischofsgarten.
Ab 2008 wurden die Pfarren einbezogen, bereits im ersten Jahr beteiligten sich 63 Pfarren an der „Woche für das Leben“. Seitdem sind bis zu 110 Pfarren dabei. 2010 empfahl der Hirtenbrief der österreichischen Bischöfe für alle heimischen Diözesen die Durchführung einer „Woche für das Leben“ nach dem „Salzburger Modell“.
Das „Forum Neues Leben“ bietet darüberhinaus auch konkrete Hilfsangebote für Schwangere, darunter eine Notrufnummer (0800-300370) und die Online-Plattform www.schwanger-was-tun.at.
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