Heute beeilt sich Ludwig Fegerl, gleich nach der Arbeit heimzukommen. In dieser Woche hat er die Kinder. Es müssen noch Hausaufgaben gemacht, alles für den nächs-ten Schultag vorbereitet werden. Und ein gemeinsames Ritual möchte er auf keinen Fall missen. „Wir gehen jeden Abend gemeinsam eine Runde spazieren. Das mögen wir alle sehr.“
Doppelresidenzmodell nennt sich die Form des Familienlebens, für das sich der 43-Jährige nach der Trennung entschieden hat. „Die Kinder sind immer von Freitagmittag bis Freitagmittag bei mir. Diese Lösung ist sehr empfehlenswert und tut den Kindern gut“, sagt er. Es sei besonders der jüngsten Tochter, sie ist sechs, sehr wichtig, dass in Bezug auf Fairness, die Erziehung auf beide Elternteile aufgeteilt ist.
Von einer intakten Familienstruktur mit Vater-Mutter-Kind in diese Form zu wechseln, war für den Salzburger anfangs ziemlich herausfordernd. „Einerseits war die Umstellung für mich als Familienmensch schwierig zu verkraften. Auch dass es überhaupt zu einer Trennung kam. Andererseits musste ich plötzlich auch den mütterlichen Teil übernehmen.“ Inzwischen ist er in die Doppelrolle hineingewachsen. „Das muss man einfach wollen. Der Wunsch, diese Aufgabe zu schaffen, den Kindern einen Rückhalt zu geben, ist ganz wichtig.“
Wie sieht er sich in seiner Rolle? „Ich versuche stets die Balance zu halten, zwischen gesunden Regeln, funktionierenden Strukturen und liebevoller Begleitung. Dabei denke ich nicht zu viel nach, sondern handle aus dem Herzen.“
Um alles unter einen Hut zu bringen, reduzierte Ludwig Fegerl anfangs seine Arbeitszeit auf dreißig Stunden, doch langfristig war dies nicht möglich. Heute arbeitet er wieder vierzig Stunden. „Die beiden Großen sind schon ziemlich selbstständig und die Kleine ist in einer Nachmittagsbetreuung.“ Einmal in der Woche springt die Oma ein.
Ein Theaterprojekt zum Thema Männlichkeit
hat meinen Selbstwert gestärkt.
Damals, in der schwierigsten Phase, hat er viel Unterstützung aus seinem Umfeld bekommen. „Das war schön und von sehr viel Liebe begleitet.“ Und doch waren es eine Menge Selbstzweifel, die er in diesen Zeiten entwickelte. Er entschloss sich, bei einer Theatergruppe anzudocken und bei ihrem Projekt mitzumachen. Es ging um das Thema Männlichkeit. „Ich lernte mich kennen, was für ein bunter Strauß an Männlichkeit in mir vorhanden ist. Das hat meinen Selbstwert gestärkt.“ Auch die Angebote der Katholischen Männerbewegung halfen ihm, mit der Situation zurechtzukommen. „Ich traf auf Gleichgesinnte und begriff, dass ich nicht allein bin in dieser Situation.“
In zwei Tagen beginnt seine kinderfreie Woche. Die nutzt er oft, um seine Abende so zu gestalten, wie er möchte. „Das ist meine Freiheit. Sport zu machen, einmal auf ein Bier zu gehen oder mich mit Freunden zu treffen. Dabei mache ich mir bewusst, dass ich das ganz ohne schlechtes Gewissen genießen darf.“
Heuer fällt der Vatertag in seine kinderfreie Woche. Ausnahmsweise gilt da die strikte Regel nicht. Die Jüngste hat im Kindergarten etwas für Papa gebastelt. Und wer weiß, vielleicht genießen die Vier wieder eine gemeinsame Spazierrunde?
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