Wahrscheinlich war es so, dass Eva Hofer früher zu Beginn eines neuen Jahres Vorsätze fasste, so genau könne sie sich nicht mehr erinnern. Was sie sicher weiß: Es wurde nicht lang geredet, sondern lieber in die Tat umgesetzt. „Als junge Bauersleute mit einer Landwirtschaft ohne Kühe, haben wir zu Jahresbeginn nachgedacht, wie viele Küken wir kaufen müssen, welche Lieferanten wir nehmen und welche Früchte, welches Obst und Gemüse wir pflanzen sollen“, erzählt die 92-Jährige.
Damals verkaufte sie am Markt allerlei Selbstgemachtes. Besonders Evas Marmeladen waren sehr beliebt. „Wir haben den Kitzbüheler Bauernmarkt auf die Beine gestellt und waren die Ersten, die biologische Landwirtschaft betrieben haben.“ Wenn sie davon spricht, ist die Begeisterung noch heute spürbar.
„Statt Vorsätze zu fassen, haben wir uns die Fragen gestellt: Was brauchen wir alles für unser tägliches Leben? Wie schaffen wir alles im nächsten Jahr? Für uns war es selbstverständlich in die Gänge zu kommen und haben immer wieder neue Sorten ausprobiert, die hier niemand kannte.“ So pflanzte sie Fremdartiges wie Rucola und Artischocken, das sie von ihren vielen Reisen in den Fünfzigerjahren mitbrachte.
Eva Hofer lebt mit ihrer Tochter Barbara und deren Mann in einem idyllischen Bauernhaus auf der Sonnenseite der Gamsstadt. Am ersten Tag des Jahres backen die beiden Frauen gemeinsam Brot im Steinofen vor dem Haus.
„Das habe ich von der Mama gelernt und das machen wir jedes Jahr wieder“, verrät Barbara Schmidt.
Heute an diesem verschneiten Jännertag blättert ihre Mutter im aktuellen Blumenkatalog. Bereits in den ersten Tagen des noch jungen Jahres plant sie, wie die blühende Pracht im Garten aussehen soll. „Die Mama hat immer zum Jahreswechsel im Gewächshaus die Tomaten ausgesät. Manchmal sind es sogar über hundert Pflänzchen“, sagt Tochter Barbara. In ihrer hauseigenen Porzellanwerkstatt wartet zu Neujahr eine Fülle an Aufgaben auf sie, die im Trubel rund um die Weihnachtszeit liegen geblieben sind.„Vom vergangenen Jahr ist noch einiges aufzuarbeiten. Jetzt heißt es sortieren und aufräumen.“
Auf die Frage, mit welchen Vorsätzen sie ins neue Jahr startet, atmet sie zuerste einmal tief durch. „In den vergangenen Jahren habe ich mir immer wieder vorgenommen, meine Werktatt zu vergrößern. Diesen Vorsatz habe ich diesmal nicht.“ Stattdessen möchte sie sich mehr Zeit nehmen für die Familie und für sich selbst. „Heute abend stehen zwei Stunden Yoga auf dem Plan“, verrät sie schmunzelnd.
Scheint das, was sich die beiden Frauen vorgenommen haben, aus verschiedenen Welten zu sein, so eint sie doch ein Herzensprojekt. „Meine Eltern haben vor vierzig Jahren den Alpengarten am Kitzbüheler Horn ins Leben gerufen.“ Den Vorsatz sich darum zu kümmern, setzt Barbara Schmidt fast das ganze Jahr über um. Sogar im Winter ist sie dort anzutreffen. Allerdings nicht beim Pflegen und Hegen der Pflänzchen. „Da bin ich lieber oben zum Skifahren“, lacht sie mit strahlenden Augen, ohne den Blick aufs Ziel zu verlieren.
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