Salzburg. Welchen Stellenwert hat der freie Sonntag für die Gesellschaft? Um diese Frage eingehend zu diskutieren, trafen sich Insider zum Thema im Müllner Bräu. „In der Bibel steht, dass Gott am siebenten Tag ruhte. Ein anderer als der gewohnte Rhythmus tut dem Menschen nicht gut. Jeder Mensch braucht für sein Wohlbefinden eine selbstbestimmte Zeit. Wer Sonntagarbeit säht, wird Sonntagsarbeiten ernten“, ist Elisabeth Mayer, Sprecherin der Allianz für den freien Sonntag überzeugt. Es gehe aber nicht nur um die Frage der Religion, es geht um vereinbarte Ruhezeiten, ohne diese käme vieles in Unruhe. Es gehe um die Verteidigung gegen Menschen, die unbedingt am Sonntag einkaufen wollen.
„Es gibt immer mehr Tourismuszonen, in denen der Handel am Sonntag offen hat. Man braucht den freien Sonntag für die Feuerwehren, für die Vereine, für Familie. Es geht nicht, dass einer am Montag die Feuerwehrübung macht und einer am nächsten Tag. Da steht auch die Sicherheit Österreichs am Prüfstand“, sagt Philipp Kuhlmann, Österreich-Sprecher der Allianz. Dass unserer Jugend vorgeworfen wird, sie sei faul und wolle nicht arbeiten, hält er entgegen: „Die Jugend ist nicht faul, aber sie hat andere Werte. Wenn ich meine eigene Gesundheit höher einstufe, als viel zu arbeiten, sehe ich das positiv. Viele wollen einfach Freude an der Arbeit, aber ob unsere Wirtschaft das bieten kann, ist fraglich.“ Und: Jeder müsse für sich entscheiden, ob das doppelte Gehalt am Sonntag oder die eigene Gesundheit als höheres Gut eingestuft wird.
Birgit Artner, Leiterin der Arbeitspsychologie des Arbeitsmedizinischen Dienstes Salzburg, weist auf die Wichtigkeit einer regelmäßigen Erholung hin. Dies zeige die hohe Zahl an Burn-Out-Erkrankungen.
Fred Luks, Forscher, Autor, Redner sieht eine nicht unerhebliche Gefahr durch Firmenhandys und die damit verbundene ständige Erreichbarkeit. Zudem sieht er die dringliche Notwendigkeit, diese Freiräume in der Gesellschaft zu verteidigen, in denen nicht gearbeitet wird. „Es ist ein Riesenunterschied, ob ich allein frei habe oder mit vielen anderen.“ Sich vorzustellen, dass es keine gemeinsame Auszeit gibt, wäre das eine Katastrophe. Der freie Sonntag sei eine kulturelle Errungenschaft.
Zur Allianz für den freien Sontag gehören mehr als fünfzig Mitgliedsorganisationen aus der Bevölkerung, Kirchen und Gewerkschaften, zusätzlich gibt es neun Bundesländer-Allianzen. Dabei geht es um den Schutz des freien Sonntags in Österreich. Die Mitglieder befürchten, dass dieser Tag durch schleichende Aushöhlung durch Wirtschaft und Politik gefährdet ist. Ziel ist es, ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu schaffen und den gesellschaftlichen Wert von gemeinsamen freien Zeiten zu unterstreichen.
Als Tag der Erholung, des sozialen Miteinanders und der Besinnung, hat der freie Sonntag einen unbezahlbar hohen Stellenwert. Doch immer wieder gibt es Bestrebungen, diesen Tag abzuschaffen.
Den freien Sonntag in dieser Form gibt es seit 1702 Jahren. Am 7. März 321 erklärte Kaiser Konstantin per Edikt für das ganze Römische Reich den Sonntag als Ruhetag.
Der Ruhetag in einem Sieben-Tage-Rhythmus ist sogar noch älter. Das Leben braucht einen Takt und ohne den freien Sonntag wird das Leben taktlos.
„Wir verteidigen den freien Sonntag gegen Menschen, die unbedingt am Sonntag einkaufen wollen. Was sie nämlich nicht bedenken: Wenn der Handel offen hat, wird auch von anderen Berufsgruppen erwartet, dass sie arbeiten. Dann braucht man Kinderbetreuung. Dann ist das auch das Ende des LKW-Sonntagsfahrverbots, also auch eine Umweltbelastung. Außerdem, der Kühlschrank ist bereits erfunden. Warum man Lebensmittel unbedingt am Sonntag einkaufen muss, ist mir ein Rätsel!“
Elisabeth Mayer, Sprecherin der Allianz für den freien Sonntag
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