Salzburg. Brüder des heiligen Franz von Assisi waren schon seit dem 13. Jahrhundert in der Kirche von Salzburg seelsorglich tätig – doch lange Zeit ohne ständige Niederlassung. Vielmehr schwärmten sie immer wieder einmal als „Predigermüniche“ von Wels und München aus hierher oder nahmen ihre Aufgaben als Kapläne der zahlreichen Bruderschaften und Zünfte wahr. 1498 ist sogar von einem „Haus in der Pfeifergasse“ die Rede – aber eben nicht auf Dauer. Erst Erzbischof Johann Jakob Kuen-Belasy holte anno 1583 den Orden definitiv nach Salzburg, mit dem 1582 aufgehobenen Kloster der Petersfrauen als Niederlassung.
Die Vorgeschichte nennt Historiker Heinz Dopsch ein „Ränkespiel“ – nicht von den Franziskanern ausgehend, sondern von Männern (vielleicht in St. Peter, vielleicht der Hoftheologe?), die den Niedergang der Petersfrauen zum erwünschten Anlass nahmen: Die Nonnen, die hier seit dem 11. Jahrhundert zwischen Abtei und Stadtpfarrkirche, getrennt von den Patres, in Klausur lebten und ihr Chorgebet verrichteten, wurden schlicht behindert, neue Schwestern aufzunehmen. Zuletzt waren sie auf zwei Mitglieder geschrumpft. Sie „heulten vor Schmerzen“, so der Chronist, weil sie nach Passau verpflanzt werden sollten. Das Kloster Nonnberg nahm sie schließlich auf. Papst Gregor XIII. genehmigte also ihre Aufhebung: offiziell wegen ungesunder Luft.
Andererseits gewann die Salzburger Kirche langfristig mit den Franziskanern wertvolle Seelsorger für ihre zentrale Beicht- und Bußkirche. Das Stift St. Peter verpflichtete sich jährlich, das benötigte Holz und die Milch zu liefern, weiters 50 Pfund Wachs, 300 Eier und „ein ziemlich gutes Schwein“, wie auch das Dach ausbessern zu lassen. Die Hofküche hatte für 50 Käse, „4 Faßl Wildbret“, Mehl, Schmalz und Salz zu sorgen. Gar bald galten die „neuen“ Mönche als volksnahe und wirkungsvolle Prediger – in der beliebten ältesten Marienkirche der Stadt, zu Füßen der „Pachermadonna“.
Wolf Dietrich hätte den Franziskanern gerne auch die Lehrtätigkeit im ersten Gymnasium übertragen. Zwei Patres begleiteten ihren unglücklichen Gönner dann übrigens in seiner sechsjährigen Haft auf der Festung; und nur sie sollten – so sein letzter Wunsch – sein Begräbnis begleiten.
Zu ihrer Popularität trug wesentlich die Mildtätigkeit der Franziskaner bei. Sehr spät, wenn überhaupt, gab es einen Pförtner. Selbst die niederen Dienstverwendungen wechselten unter den Brüdern. In mehr als 50 Pfarren leisteten sie in ihren besten Jahren außerordentliche Seelsorge; abgesehen von den Ämtern im Kloster und den Andachten in ihrer Kirche (noch im 20. Jahrhundert bis zu sechs am Tag). Als „Beichtiger“ von Politikern – selbst bayerischen – waren sie gesucht. Auch die Arrestantenseelsorge und die Rolle des „Galgenpaters“ fiel ihnen zu. Überhaupt in den Pestzeiten leisteten sie aufopfernde Dienste.
Die weitere Geschichte der Salzburger Franziskaner im Zeitraffer: 1670 musste der Kirchturm verkürzt werden, weil er sonst die Türme des Doms überragt hätte. Eine angedachte Übersiedlung nach Mülln verweigerten sie. Auch mit den kirchlichen Reformen von Erzbischof Colloredo – über die Köpfe frommer Gläubiger hinweg – mochten sie sich nicht recht anfreunden. Von 1558 bis 1818 (Anschluss an die Tiroler Ordensprovinz) gibt es genaue statistische Zahlen: insgesamt 247 Kleriker und Brüder wirkten in Salzburg. Auch der selige Engelbert Kolland aus dem Zillertal – Martyrium 1860 – verbrachte hier sein Noviziat.
Über die Jahrhunderte hinweg pflegten die Franziskaner auch die für die Stadt so wertvolle Kirchenmusik. Weitum berühmt wurde Pater Petrus Singer (1810–82). Er erfand mit dem „Pansymphonikum“ eine Kombination aus Harmonium und Pianino.
Aufsehenerregend war die Klosteraufhebung 1938 durch das Naziregime, woraufhin die Gestapo in den Räumlichkeiten ihre menschenverachtenden Verhöre abhielt. An gleicher Stelle wurde sinnigerweise im Befreiungsjahr 1945 das erste freie Wort des Rundfunksenders Rot-Weiß-Rot produziert.
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