Salzburg. „Eine riesige Staubwolke lag über dem fürchterlich aufgerissenen Dom und dort, wo die Kuppel gewesen war, war jetzt ein ebenso großes Loch: eine entsetzlich blutende Wunde.“ So erinnerte sich der junge Thomas Bernhard an die Bomben auf Salzburg, als der erste Fliegerangriff den Dom und weitere 185 Gebäude ganz oder schwer sowie 154 Häuser teilweise beschädigte – besonders im Kaiviertel und in Bahnhofsnähe. Andere prominente Objekte, die von Bomben getroffen wurden, waren das Bürgerspital, daneben das Museum und Mozarts Wohnhaus.
Es war halb elf Uhr Vormittag: Domkapellmeister Joseph Messner wollte soeben sein tägliches Orgelkonzert beginnen und Dompfarrer Daniel Etter betrat den Beichtstuhl. Beide konnten sich „vollkommen staubbedeckt und weiß“, aber wunderbarerweise unverletzt ins Freie retten. Zur Domwiedereröffnung 1959 komponierte Messner später ein Werk, in dem er den Einschlag 1944 musikalisch nachvollzog: die so genannte „Bombenmesse“.
Dass bei diesem ersten Angriff 244 Menschen den Tod fanden, schien Folge dessen zu sein, dass viele nicht in den Luftschutzräumen Zuflucht gesucht hatten. Zum einen, weil nach früheren Alarmen „eh nichts passiert“ war, zum anderen gab es das Gerede, der britische Premier Winston Churchill würde Salzburg ohnehin nicht bombardieren lassen, weil er seinerzeit im Sanatorium Wehrle bestens verarztet worden war.
Bei diesem und insgesamt weiteren 14 Angriffen zum Ende des Zweiten Weltkriegs starben in Summe 547 Menschen. An die 15.000 Salzburgerinnen und Salzburger waren zumindest vorübergehend obdachlos. Nahezu 10.000 Sprengbomben sollen es gewesen sein. Alle Kirchen und Klöster der Stadt wiesen mehr oder weniger große Schäden auf. Im Bundesland traf es die Gotteshäuser in Grödig, Fuschl, Koppl, Anif, Muhr, Elsbethen und Bischofshofen. Trotzdem feierte man auch bei zeitweiser heftiger Kälte die Gottesdienste.
Die Teilzerstörung des Doms vor 80 Jahren löste „ein geistiges Beben in der ganzen Erzdiözese“ aus, so Generalvikar Franz Simmerstätter. Die schließliche Wiederherstellung geriet dann geradezu „zum Symbol für den Wiederaufbau des gesamten Landes“ – inklusive einer allgemeinen Hilfs- und Spendenbereitschaft der Gläubigen: Freiwillige aus Stadt und Umgebung räumten 3.500 Kubikmeter Schutt weg, alle denkbaren Initiativen lieferten Geld und Materialien (sinnigerweise selbst vom Renommierbau des NS-Regimes, der Autobahn). Die Festspiele veranstalteten ein Benefizkonzert, desgleichen Vereine und Pfarren. Die Bauern fütterten zu Gunsten des Domaufbaufonds ein Stück Jungvieh mit: die legendäre „Domsau“. Schließlich ließ Erzbischof Andreas Rohracher, der 1945 Entscheidendes zur kampflosen Übergabe der Stadt beigetragen hat, den Dom und die Kirchen wiederherstellen.
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