Salzburg. Erzbischof Franz Lackner, zugleich Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz, nahm die Bekanntgabe der vatikanischen Grundsatzerklärung zur Segnung homosexueller Paare „mit Freude“ auf und gab eine ausführliche Stellungnahme dazu ab (siehe Interview). Salvatore Loiero, Professor für Pastoraltheologie an der Universität Salzburg, spricht im Kathpress-Interview von einem „prophetischen Schritt für die Weltkirche“. Bischöfe sowie Seelsorgerinnen und Seelsorger könnten sich nun „auf ein Dokument von universaler Bedeutung und Reichweite“ berufen. Und auch die Homosexuelle Initiative Salzburg (HOSI) sieht das Dokument aus dem Vatikan vorwiegend positiv.
„Meine Freude ist riesengroß“, sagt Conny Felice von der HOSI-Geschäftsführung (im Bild unten): „Dieses Statement ist ein Signal, das wir sehnlichst erwartet haben. Gleichzeitig weiß ich natürlich, dass es viele Menschen gibt, die sagen ,Das ist noch zu wenig‘, trotzdem: Für mich in Salzburg ist wesentlich, dass es eine gute Zusammenarbeit mit der Erzdiözese gibt, ein Miteinander und keine Ausgrenzung – dass wir gemeinsam in einem Prozess sind und kleine Schritte nach vorn machen.
Ich habe kein ultimatives Ziel, was sein muss, vor Augen, ich setze mich für das ein, was möglich ist – und das tun wir, damit es den Menschen in der Community hier gut geht. Was nützt mir die Forderung nach einer globalen Veränderung? Mein Handlungsraum ist hier in Salzburg, wo wir auf einem guten Weg sind und die Bereitschaft von allen Seiten da ist, diesen gemeinsam zu gehen. Ich mag nicht im Gestern, in der Vergangenheit bleiben. Wir müssen nach vorn schauen und gemeinsam die Zukunft gestalten.“
Während viele geistliche Würdenträger nach der Botschaft aus dem Vatikan offen ihre Überraschung eingestanden, zeigt sich Conny Felice kaum verwundert: „Wenn ich ehrlich bin, habe ich ein wenig damit gerechnet. Ich glaube, dass die katholische Kirche tatsächlich schon viel weiter ist, als es von außen wahrgenommen wird – und dass die Bereitschaft der Bischöfe, diese Schritte zu gehen, bereits in einem ganz großen Ausmaß da ist. Davon bin ich überzeugt.“ Die Leute würden sich auch immer öfter trauen, ihre Bedenken in der Öffentlichkeit zu formulieren. Da brauche es solch ein Signal aus dem Vatikan, das es den Menschen nun leichter macht, zu ihren Überzeugungen zu stehen. Aber: Sowohl in der Kirche als auch in der Queer-Community „gibt es Hardliner, die der Entwicklung nachhinken“.
Bleibt die Frage: Wie wird die vatikanische Grundsatzerklärung nun mit Leben erfüllt? „Wir arbeiten innerkirchlich mit der Plattform Regenbogenpastoral schon einige Zeit an dem Thema und freuen uns natürlich über diese offizielle Bestätigung unserer Bemühungen aus dem Vatikan“, sagt Lucia Greiner, Leiterin des Selsorgeamtes der Erzdiözese Salzburg. „Wir haben auch für das Frühjahr schon eine Weiterbildung geplant – natürlich mit einem theologischen Inhalt, aber auch im Hinblick auf den praktischen Aspekt, wie man eine solche Segensfeier für gleichgeschlechtliche Paare gestalten und wie der pastorale Umgang damit sein kann.“
Kein Geheimnis ist übrigens, dass der alltägliche Umgang mit homosexuellen Gemeindemitgliedern schon längst stattfindet. „Das ist für mich auch die Funktion einer Seelsorgeamtsleiterin: die Spannung zwischen der gelebten Praxis und dem, was kirchenrechtlich geht, zu überbrücken“, betont Lucia Greiner.
Hintergrund
Die Grundsatzerklärung der vatikanischen Glaubensbehörde vom 18. Dezember 2023 trägt den Titel „Fiducia supplicans“ (deutsch: Das flehende Vertrauen). Sie besagt, dass katholische Geistliche ab sofort unverheiratete und homosexuelle Paare segnen dürfen – allerdings muss die Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen sein und der Segen darf nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilt werden. Die Erklärung der Glaubensbehörde vom Februar 2021, welche die Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren noch grundsätzlich ausschloss, soll nun „weiterentwickelt“ werden.
Reaktionen & Stimmen
Österreichs Bischöfe begrüßten in ersten Reaktionen die vatikanische Erklärung, ebenso ihre deutschen Amtskollegen. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx spricht von einem ersten, aber „gewaltigen“ Schritt, Experten gar von einer „Revolution“ und der bedeutendsten Neuerung seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1965. Kritiker sehen die Erklärung als „längst überfällig“, aber auch als unpräzise „Mogelpackung“, da nicht an der grundsätzlichen Haltung der Kirche zur Homosexualität gerüttelt, sondern lediglich das Verständnis von dem, was ein Segen ist, erweitert werde. Gleichgeschlechtliche Beziehungen würden weiter als „irregulär“ diskriminiert. Befürworter loben die nunmehrige „Handlungssicherheit“ und den „Ausdruck des Respekts“ vor den Lebenswirklichkeiten. kap
Aktuelles E-Paper