Beirut. „Die Kinder inspirieren und ermutigen mich. Ich bin so stolz, ihre Lehrerin zu sein“, sagt Nicole, die seit zehn Jahren in Beth Aleph unterrichtet. Sie spricht so liebevoll wie eine Mutter über ihre Schützlinge: „Wenn man einmal in die Augen dieser Kinder schaut, kann man die Welt lesen. Wenn sie lächeln, vergisst man alle Schwierigkeiten, mit denen wir im Libanon leben müssen. Sie haben kleine Hände, aber große Herzen. Sie sind Kinder Gottes.“ Es sei so schön, sie über ihre Träume reden zu hören. „Sie möchten Lehrer, Ärztin oder Pilot werden. Sie lieben es, Geschichten zu erzählen und einfach zu reden. Sie brauchen jemanden, der ihnen zuhört. Es ist so wichtig, einem Kind zuzuhören.“
Daheim ist oft niemand, der ihnen Gehör schenkt, der sich um sie kümmert. Zu groß sind die täglichen Probleme, mit denen ihre Eltern sowie der Großteil der Erwachsenen im Land zu kämpfen haben.
Der Libanon ist seit Jahren vom Bürgerkrieg im Nachbarstaat Syrien sowie von einem wirtschaftlichen Zusammenbruch extrem belastet. Im Herbst 2023 betrug die Lebensmittelinflation beinahe 300 Prozent. Dazu kommt, der Libanon ist eine der am stärksten von Trinkwasserknappheit betroffenen Nationen der Welt. 2,7 Millionen Menschen haben eingeschränkten Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Das führt zu Ausbrüchen von Cholera. 60 Prozent der schulpflichtigen Kinder können ihre Ausbildung nicht abschließen.
Mit einem schweren Rucksack starten Kinder wie Hawi ins Leben. Seine Eltern kamen einst als Arbeitsmigranten ins Land und sind heute unerwünscht und können nur illegal das Nötigste verdienen, um sich zumindest ein Dach über dem Kopf leisten zu können. Hawi ist mittlerweile sechs Jahre alt. Sein Zuhause besteht aus einem Zimmer, in dem sich sein Bett und das seiner Eltern befindet. Kühlschrank, Herd oder gar Waschmaschine gibt es nicht. Die Lebensmittel für die Familie kommen von der Caritas.
Hawi ist trotzdem ein glückliches Kind. Er wird geliebt und er hat einen Platz in der Caritas-Schule Beth Aleph. Das heißt, er bekommt die Chance, rechnen, lesen und schreiben zu lernen.
In Beth Aleph drücken mehr als 100 Migranten- und Flüchtlingskinder aus den ärmsten Ländern Afrikas und Asiens die Schulbank. Dazu bekommen sie täglich ein warmes Mittagessen. Das liebt Hawi, denn es gibt regelmäßig frisches Gemüse. Hawis Mama Sisi ist Arbeitsmigrantin aus Äthiopien. Sie ist selbst nie zur Schule gegangen. Im Libanon arbeitet sie als Reinigungskraft: „Ich bin so dankbar, dass Hawi lernen darf. Ich wünsche mir, dass mein Kind eines Tages ein besseres Leben hat“, sagt sie.
Neben dem Libanon sind es vor allem Jordanien, Ägypten und das Bürgerkriegsland Syrien, in denen die Caritas mit Bildung den wirksamsten Hebel zur Veränderung umlegt. Ein heute zehnjähriges syrisches Kind kann sich an ein Leben ohne Gewalt und Hunger nicht erinnern. Der noch immer nicht vollständig enden wollende Konflikt hat so vielen von ihnen die Chance auf ein unbeschwertes Aufwachsen verwehrt. Gemeinsam mit langjährigen Partnerorganisationen hilft die Caritas mit unterschiedlichen Projekten: Zum Beispiel haben in Aleppo 800 Kinder in drei Zentren Zugang zu Bildung und zu psychosozialer Förderung, damit sie die Folgen von Krieg und Vertreibung bestmöglich bewältigen können.
„Als Caritas glauben wir fest daran, dass jedes Kind ein gutes und chancenreiches Aufwachsen und das Recht auf Bildung und Glück verdient“, erklärt Johannes Dines, Direktor der Caritas Salzburg. In krisengebeutelten Ländern wie Libanon, Syrien oder Ägypten lebt ein großer Teil der Kinder in Armut. „Das bedeutet, keine ausreichende und gesunde Ernährung, keine gesunde Entwicklung der Kinder, wenig Möglichkeiten auf Schule und Ausbildung und damit eine bessere Zukunft. Die Folgen sind lebenslang.“
Die hoffnungsvolle Nachricht: Kinder sind enorm stark und überwinden die schlimmsten Umstände, sofern sie liebevoll aufgefangen und versorgt werden. Das macht die Caritas. Mit Schulen, Kinderkrippen oder Tageszentren hilft sie gemeinsam mit ihren langjährigen Partnerorganisationen. Davon überzeugte sich Dines vor Ort: „Bei meinem Besuch im Libanon und in Syrien im April 2023 ist mir die akute Not der Menschen und vor allem der Kinder besonders unter die Haut gegangen. Meine Bitte: Unterstützen Sie Kinder mit Ihrer Spende bei ihrem Weg aus der Armut.“
Im Gespräch
Claudia Prantl ist Leiterin der Auslandshilfe der Caritas Salzburg. Sie kennt den Nahen Osten und die Herausforderungen, mit denen die Menschen konfrontiert sind, seit vielen Jahren. Aktuell ist sie auf Projektbesuch in der Region. Auf dem Weg in den Libanon, am Istanbuler Flughafen, hat sie Zeit für ein kurzes Interview. Für die Antwort auf die Frage, was sie sich für die Menschen in den Caritas-Schwerpunktländern wünscht, braucht sie nur ein Wort.
RB: Der Krieg zwischen der Hamas und Israel hat Auswirkungen auf den gesamten Nahen Osten. Sind auch die Schwerpunktländer der Caritas-Auslandshilfe betroffen?
Claudia Prantl: Der Krieg beeinträchtigt auch das Leben der Menschen im Süden des Libanon an der Grenze zu Israel. Die Anspannung ist hoch und die Angst vor einer weiteren Eskalation ist da. Aber das trifft generell zu, die geopolitische Dimension betrifft ja die gesamte Region. Und ja, natürlich hat die aktuelle Lage sowie der steigende Bedarf nach humanitärer Hilfe Auswirkungen in den Projekten.
RB: Mit Soforthilfe sichert die Caritas das Überleben von Kindern und Erwachsenen. Im Fokus steht aber noch etwas anderes.
Claudia Prantl: Genau. Das sind unsere Bildungsprojekte. Bildung ist ein Schlüssel zur persönlichen Entwicklung. Sie schafft Zukunftsperspektiven und das braucht es besonders in Krisenzeiten. Unsere Bildungsprogramme im Nahen Osten ermöglichen in Ägypten, Syrien, Libanon und auch in Jordanien vor allem Kindern und Jugendlichen den Zugang zu qualitätsvoller und inklusiver Bildung. Oft leiden die Kinder, aber auch die Erwachsenen unter Traumata aufgrund von Kriegserfahrungen oder Flucht, deshalb ist die psychologische Betreuung neben der Schule so wichtig.
RB: Was wünschen Sie sich für die Menschen in den Ländern des Nahen Ostens?
Claudia Prantl: Frieden!
Im Februar holt die Caritas Salzburg ihre Projekte in den Schwerpunktländern im Nahen Osten vor den Vorhang. Mit Schulen, Kinderkrippen oder Tageszentren hilft die Caritas gemeinsam mit ihren langjährigen Partnerorganisationen vor Ort.
Helfen: Schauen Sie im online-Shop vorbei: www.wirhelfen.shop/salzburg
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