Paris/Reith. Dass er gerade einmal drei Stunden geschlafen hat, sieht man Johannes Lackner nicht an. Mitten in der Nacht ist er von seiner Mission als Olympiaseelsorger aus Paris zuhause in Reith bei Kitzbühel angekommen. Und schon warten tagsüber Aufgaben wie eine Messe und ein Taufgespräch auf den jungen Kooperator der Pfarre St. Johann in Tirol. Zu wenig Schlaf habe er auch in Paris bekommen, erzählt er lächelnd. „Jeden Tag bin ich um sechs Uhr früh aus der Unterkunft, dem Kloster der Salesianer, weggegangen, und meist erst um ein Uhr früh wieder zurückgekehrt.“
Neben all den großartigen Veranstaltungen und Wettkämpfen erinnert er sich ebenso an berührende Begegnungen: „Ich habe mich mit einem österreichischen Sportler Sonntagvormittag drei Stunden lang für ein Bibelgespräch im Olympischen Dorf getroffen. Jeder von uns hat über seine Lieblingsstelle gesprochen. Wir hatten einen tiefgehenden spirituellen Austausch.“
Um Zeit für persönliche Gebete zu finden, nutzte er oft die Fahrten mit der U-Bahn. „Da hab ich mein Stundengebet gesprochen und betete für die Sportler.“ Es habe ihn gefreut, dass so viele Sportler gläubig seien. „Ich habe auch Messen auf Englisch gehalten. Erstaunlich viele Kroaten haben diese Gottesdienste besucht. Alle, die dabei waren, sagten mir, dass es ihnen sehr gut getan hat“, erzählt der Seelsorger.
Vor den Wettkämpfen bekamen die Sportler auf Wunsch einen Segen von Johannes Lackner. „Ich habe eine wundertätige Medaille ausgeteilt – als Erinnerung, dass Gott sie schützt und stärkt. In Paris gibt es einen Wallfahrtsort im Zentrum. Von dort kommen diese auf der ganzen Welt bekannten Medaillen. Ich habe goldene und silberne gekauft. Die Sportler konnten auswählen, da waren die goldenen gleich weg“, lacht der junge Kitzbüheler, der bei den Spielen auch ernsthafte Unterhaltungen führte.
Johannes Lackner mit Valentin Bontus (r.), österreichischer Goldmedaillengewinner im Kitesurfen.
„Viele seelsorgliche Gespräche fanden nach den Wettkämpfen statt, besonders wenn ein Sportler nach langen, intensiven Vorbereitungen nicht die gewünschte Leistung erbracht hatte. Meine Aufgabe war es, den Menschen zuzuhören und für sie da zu sein – als Freund, als Begleiter, der ihnen sagt, dass alles einen Sinn haben kann, auch das Verlieren“, erzählt Lackner. Im ersten Moment seien die Medaille, der Sieg für die Sportler wichtig, aber natürlich gebe es im Leben so viele andere wichtige Sachen: Familie, Freundschaften, die Liebe und wie der Apostel Paulus sagte, „wenn es um den Himmel geht“.
Sein Auftrag als Olympiaseelsorger findet bei den Paralympics eine Fortsetzung. Die Mannschaft lernte er bereits bei einem Teamworkshop kennen. „Dabei habe ich gespürt, dass die Athletinnen und Athleten mit Behinderung offen auf mich zugehen. Wir hatten sehr gute und tiefe Gespräche. Manche waren selbst schon am Rande des Todes. Sie wissen, wie man schwierige Hindernisse und Grenzen überwinden kann und sind Vorbilder für uns alle. Sie setzen ein Zeichen, was Mut bewirken kann.“
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