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Sinnvoll und ethisch vertretbar Geld anlegen. Das ist die Geschäftsidee von Oikocredit. Weltweit hat der soziale Investor mittlerweile 59.000 Unterstützer und Unterstützerinnen, rund 6.500 in Österreich. Aglaë Hagg-Thun ist stellvertretende Vorsitzende im Förderkreis Oikocredit Austria. Sie berichtet, wie schon mit geringem Einsatz ein Weltverändern möglich ist. RB: Die ganze Welt leidet unter Covid-19. Welche Auswirkungen hat die Krise für die Partnerorganisationen von Oikocredit? Aglaë Hagg-Thun: Wir stehen in engem Kontakt mit mehr als 600 Partnern. Uns ist wichtig, sie gezielt zu unterstützen. Ich möchte einen Bereich herausgreifen, die Kakaoproduktion. Die Ausgangsbeschränkungen führten zu Verzögerungen. Das Pflanzen, Beschneiden, Roden und Düngen findet normalerweise in der ersten Jahreshälfte statt. 2020 verschob sich das. Covid-19 führte auch zu größeren Preisschwankungen. Geschlossene Restaurants und Hotels – das traf die Märkte hart. Andererseits steigt die Nachfrage nach Schokolade in Schwellenländern wie China, Indien und Russland. Insgesamt werden wir beim Kakao künftig stärkere Preisschwankungen haben. RB: In Österreich tragen vor allem Ehrenamtliche wie Sie Oikocredit. Was motiviert Sie? Aglaë Hagg-Thun: Ich habe mich acht Jahre für eine kleine Mikrofinanzorganisation in Westkamerun engagiert. Das heißt, Oikocredit war für mich bereits faszinierend, lange bevor ich in den Vorstand des österreichischen Förderkreises kam. Wir Ehrenamtliche bei Oikocredit orientieren uns in ökumenischer Zusammenarbeit am Vorbild Christi. Das bedeutet für mich: Hilfe auf Augenhöhe, Respekt vor den Unternehmerinnen und Unternehmern, die oft am Anfang stehen, sowie ehrliche Freude am wirtschaftlichen Wachstum – vor allem von Frauen. Wie viel mehr können meine geliehenen zehn Euro im Globalen Süden bewirken, als bei uns im satten Norden. Das ist es, was mich persönlich antreibt. Von meiner Gründung in Westkamerun, der Mikrokreditorganisation COFACAM, profitieren 7.000 Frauen. Ich weiß, sie tragen die Zukunft: in ihren Eierkörben im Arm, in ihren Yamsäcken auf den Schultern, in ihren Wickelkindern am Rücken, in ihren Tomatenkalabassen am Kopf und in ihren Smartphones in der Hand. Wenn sie wirtschaftlich unabhängig sind, hat das Folgen. Ihre Kinder gehen zur Schule. Gut ausgebildet bringen sie ihr Land vorwärts. Scheitern sie an mangelnder Bildung werden auch wir in unserer Zukunft keinen Frieden haben. RB: Wie sehen Sie diese Zukunft: hier im industrialisierten und demokratischen Norden und dort im politisch instabilen Süden? Aglaë Hagg-Thun: Es braucht die konsequente Hilfe zur Selbsthilfe für die „Armen dieser Welt“. Das ist der einzige Weg aus der Machtlosigkeit des Almosenempfängers hin zum würdevollen, selbstbestimmten Leben. Dabei geht es stark um Nachhaltigkeit. Fast täglich berate ich über Whatsapp Frauen und Männer in Westafrika. Ihre Kinder sollen die Geschäftspartner meiner Enkel sein. Die technologische Entwicklung birgt enorme Chancen gerade für die ärmeren Gegenden unseres Planeten. Sie muss nur ein- und umgesetzt werden. Ich denke an Energieversorgung dank Sonne (Photovoltaik), Bezahlung per Smartphone, Weiterbildung im Fern-Unterricht mittels Tablets oder Güterverteilung mithilfe von Drohnen. Kleine Produzenten und Produzentinnen können sich so selbstständig machen. Ein Beispiel: Supermärkte in ländlichen Gebieten verkaufen keine Eier mehr. Die Menschen bestellen nämlich online per Smartphone direkt von der Hühnerbäuerin.Weil der Vorgang über Bilder läuft, funktioniert das selbst für Analphabetinnen und Analphabeten problemlos. RB: Bei Oikocredit steht die soziale Wirkung der Kredite im Vordergrund. Können Sie dafür auch ein Beispiel nennen? Aglaë Hagg-Thun: In unserem Partnerland Ghana haben mir viele Männer über ihre wirtschaftlichen Erfolge dank Oikocredit berichtet. Sie wurden vor Jahren mit Know-how und Mikrodarlehen gefördert und gefordert. Einer von ihnen hat heute eine Solaranlagenvertriebsgesellschaft, die jährlich Millionen umsetzt. Jetzt gibt dieser Unternehmer einem jungen Mann eine Anstoßfinanzierung nach dem Beispiel von Oikocredit.
Mit dem Zugang zu Darlehen, Sparkonten und Versicherungen verändert Oikocredit seit 45 Jahren das Leben benachteiligter, oftmals nicht bankfähiger Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Das tut die internationale Genossenschaft durch die Finanzierung von Mikrofinanzpartnern. Sie unterstützt aber auch Landwirtschaftsprojekte und erneuerbare Energien. Der österreichische Förderkreis Oikocredit Austria wurde 1990 als Verein gegründet. In Österreich sind zurzeit rund 130 Millionen Euro von mehr als 6.500 Mitgliedern angelegt. Weitere Infos: www.oikocredit.at
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