Alle jungen Menschen haben Träume. „Mein Traum ist es, die beste Elektrikerin zu werden und Elektrotechnik zu unterrichten.“ Die 20-jährige Amina Jaffar weiß sehr genau, was sie will. Sie ist im zweiten Ausbildungsjahr und hat bereits einen Job in einem Hotel in Aussicht. Auch Helena hat ihre Zukunft fest im Visier. Die 18-Jährige lernt Hotelmanagement mit dem Schwerpunkt auf Service. „Ich bin sehr gern Kellnerin, ich lerne Englisch und Französisch, aber auch das Arbeiten an einer Rezeption. Ich mag die Herausforderung und irgendwann eröffne ich mein eigenes Restaurant.“
Es sind keine Fantastereien die die beiden jungen Frauen beschreiben. Und doch ist es nicht selbstverständlich, dass sie diesen Weg einschlagen konnten. Sie leben auf Sansibar, einem halbautonomen Teilstaat von Tansania in Afrika. Für Urlauber ist die Insel ein exotisches Paradies inklusive Sonne, Meer und Strand. Doch ein Großteil der Bevölkerung lebt in Armut. Amina und Helena kommen aus bitterarmen Familien. Beide konnten ihre Schulausbildung nicht abschließen. Sie mussten ihre Geschwister versorgen und hatten keine Aussicht auf ein würdiges eigenes Leben. Das änderte sich mit einem Stipendium, das ihnen eine Berufsausbildung ermöglicht. Sie besuchen das Machui Community College auf Sansibar. Schwester Eusebia leitet die Schule. „Unsere Studentinnen und Studenten kommen aus Familien, die ein ganz geringes oder gar kein Einkommen haben. Oft nehmen wir Waisenkinder oder Kinder von Alleinerzieherinnen auf.“
Die Schulleiterin erklärt die Tourismus-Ausrichtung: „Auf unserem Stundenplan stehen vor allem Fremdsprachen und Informatik.“ Schwester Eusebia und ihr Team legen daneben großen Wert, Lebenskompetenzen zu vermitteln: Zeitmanagement, positives Denken, Unternehmertum, Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein, richtiges Auftreten und Verlässlichkeit. Ausgestattet mit diesem Rüstzeug sind die Absolventinnen und Absolventen gefragt auf der Insel. Nahezu alle von ihnen wechseln direkt von der Schule in gute Arbeitsverhältnisse oder machen sich selbstständig so wie Edger Luwowo. Gegen Ende seiner Ausbildung 2020 begann er als Praktikant in einem Hotel und bereits nach zwei Jahren stieg er zum Chefkoch auf. Nun hat er vor, sein eigenes Lokal zu eröffnen. „Dann kann ich meinen Eltern noch besser unter die Arme greifen“, erzählt er stolz.
Die Bevölkerung Sansibars ist fast ausschließlich muslimisch. Deshalb fördert das College das religiöse Miteinander. „Die Schwestern lehren uns, dass wir zwischen Religionen keinen Unterschied machen sollen und wie wir gut zusammenleben können. Es macht mich glücklich, hier zu sein“, erklärt Helena, die neben der Ausbildung bereits in einem Hotel arbeitet. „Ich liebe es, mein Leben zu verbessern und gestalten zu können und meine Familie zu unterstützen“. Ihre Studienkollegin Sporah pflichtet ihr bei: „Ich kann jetzt meiner Mutter helfen, wenn sie Medikamente braucht oder auch einmal ein Kleid für mich kaufen.“
Schwestern des Kostbaren Blutes gründeten in den 90er Jahren das Machui Community College. Sei So Frei, die entwicklungspolitische Organisation der Katholischen Männerbewegung ist als Projektpartner an der Seite der Ordensschwestern.
Sei So Frei ist auch in Äthiopien präsent. Die Klimaveränderungen und damit Dürre und Hunger verlangen den Menschen alles ab. Jilo Wario und Dabo Sora in Borana sind stolze Frauen. Jilo hat elf Kinder, Dabo vier. Beide Familien verloren während der Dürrekatastrophe 2022 ihre Kühe, ihre ganze Lebensgrundlage. „Wir waren hilflos“, sagt Dabo Sora. Doch nun gibt es Hoffnung dank Sei So Frei und der Partnerorganisation SCORE (Spiritan Community Outreach Ethiopia – der Gemeinschaft der Spiritianer). Drei Hühner und einen Hahn oder zwei Ziegen bekommen die Frauen. Das hört sich für Familien von bis zu 13 Personen nicht viel an, verändert aber alles wie Jilo Wario unterstreicht: „Ich habe gelernt wie man einen Stall baut und die Tiere richtig füttert und pflegt. Nun habe ich wesentlich weniger Angst vor der nächsten Dürre.“ Ähnliches berichtet Dabo Sora, die zudem Mitglied in einer Milchgenossenschaft ist. „Wir haben ein gemeinsames Lagerhaus, Kühlschränke und Milchkannen. Jetzt verkaufe ich die Milch der Ziegen und bald die Jungtiere.“
Ich habe nun wesentlich weniger Angst vor der nächsten Dürre.
So wie Jilo und Dabo haben mehr als 140 Frauen in Borana Hühner und Ziegen erhalten. „Sie sind wesentlich dürreresistenter als Rinder“, erklärt Wolfgang Heindl von Sei So Frei Salzburg. Sein Appell im Advent: „Unterstützen Sie uns dabei, diese Hilfe zur Selbsthilfe weiterhin möglich zu machen.“
Mit der Adventsammlung unterstützt Sei So Frei Projekte zur Selbsthilfe. Spenden: www.seisofrei.at
Hirtenwort von Erzbischof Franz Lackner
zur Adventsammlung von Sei So Frei
Liebe Schwestern und Brüder!
Mit dem Advent verbinde ich viele berührende Erfahrungen. Diese haben mit der Stille, dem Warten, dem Hören bzw. Zuhören zu tun. Und mit einem bewussten Sich-Selbst-Zurücknehmen – alleine schon, um vom Trubel dieser Vorweihnachtszeit Abstand zu bekommen. Für uns als Kirche ist es die Zeit, in der wir uns auf das Kommen des Herrn, die Geburt des Heilands vorbereiten.
Mit dem Advent beginnt auch ein neues Kirchenjahr. Das möchte ich zum Anlass nehmen, um mit offenem Herzen kurz zurückzublicken. Im Oktober durfte ich bei der Weltsynode in Rom teilnehmen. Zwei besondere Erfahrungen möchte ich mit Ihnen teilen:
Als Gesprächsmethode kam der Anhörkreis zum Einsatz. Dabei gibt es ganz bewusste Zeiten der Stille, des gemeinsamen Schweigens und gegenseitigen Hinhörens. Ich bin noch heute beeindruckt von der Kraft, die hier spürbar wurde, und bin überzeugt, dass dies nicht nur uns als Kirche, sondern auch als Gesellschaft guttun würde. Auch die leiseren Stimmen kommen so zur Geltung. Das aktive Zuhören und die darauffolgende Stille schärft die eigenen Wahrnehmung und hilft, die verschiedenen Positionen zu reflektieren. Spaltungen und Gräben könnten so – vielleicht sogar leichter – überwunden und Brücken errichtet werden.
In Rom bei der Synode waren Vertreterinnen und Vertreter der Ortskirchen aus allen Kontinenten anwesend. Und das ist die zweiter Erfahrung, die ich teilen möchte: Wir als katholische Kirche sind Weltkirche. Wir bilden gemeinsam nicht nur eine weltweite Glaubensgemeinschaft, wir sind auch eine globale Weggemeimschaft. Als pilgerndes Volk Gottes haben wir uns auf den Weg gemacht. Kirche verwirklicht sich in diesem gemeinsamen Unterwegssein als pilgerndes und missionarisches Volk Gottes.
Weltkirche bedeutet auch, zusammenzustehen in einer Solidargemeinschaft. Unser weltkirchliches Engagement richtet sich an die besonders Bedürftigen. Gerade dem Advent ist dieser Gedanke der Nächstenliebe eingeschrieben.
Mit Sei So Frei verfügen wir in unserer Kirche über eine Organisation, die mit der Adventsammlung diesem Auftrag seit über sechs Jahrzehnten mit großem Einsatz nachkommt. Dabei geht es um Hilfe zur Selbsthilfe.
Wir wollen Menschen in den ländlichen Regionen Afrikas ermöglichen, ihr Leben selbst in der Hand zu haben, in Eigenverantwortung und selbstbestimmt. Zum Beispiel durch eine gute Berufsausbildung, die zu sicherem Einkommen führt. Das Machui Community College der Schwestern vom Kostbaren Blut auf Sansibar in Tansania macht genau das. Ähnliches gilt für Frauen in Äthiopien. Gemeinsam mit der Ordensgemeinschaft der Spiritaner werden mit Hühnern und Ziegen sowie durch Schulungen in Landwirtschaft in der abgelegenen Borana-Region im Süden des Landes eigenständige Lebensgrundlagen für die Ärmsten geschaffen.
Ich möchte Sie einladen, mit Ihrer Spende im Rahmen der Adventsammlung diese jungen Menschen in Tansania und die Frauen in Äthiopien zu unterstützen. Für dieses Zeichen der geschwisterlichen Nächstenliebe danke ich von Herzen!
Ihnen allen wünsche ich einen gesegneten Advent und ein Weihnachtsfest voll Freude über die Menschwerdung Gottes.
Erzbischof Franz Lackner
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