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Es braucht nur wenig und der gewohnte Alltag gerät vollständig aus den Fugen. Die ältere Dame aus der Stadt Salzburg hätte sich nie gedacht, dass sie einmal auf der Straße steht und nicht weiß, wo sie die nächste Nacht verbringt. Ein Brand machte sie wohnungslos. Ein familiäres Umfeld, das einspringt und sich kümmert, ist nicht vorhanden. Plötzlich waren Notschlafstelle, Tageszentrum und Virgilambulanz für die 80-Jährige ihr Netz, das sie aufgefangen hat.
Es kann jede und jeden treffen. Dieser viel zitierte Satz ist kein Klischee. „Niemand ist vor einem Schicksalsschlag gefeit“, unter-streicht Manuel Zehetner. Menschen, die aus dem System herausgefallen und obdachlos sind mit dem Etikett „selber Schuld“ zu versehen, helfe niemanden. Er wünscht sich ein Umdenken. „Schauen wir alle genauer hin. Es gibt immer Geschichten und Erfahrungen, die oberflächlich nicht sichtbar sind.“ Der gebürtige Steyrer ist ehrenamtlich als diplomierter Gesundheits-und Krankenpfleger in der Virgilambulanz in der Stadt Salzburg tätig. Seit Sommer werden in einer Ordination für Allgemeinmedizin Menschen, die keine Versicherung haben oder in Ausnahmesituationen sind, ambulant medizinisch, pflegerisch und nicht zuletzt sozial versorgt. Im Team ist deshalb neben Ärzten, Pflegekräften und einer Ordinationsassistentin auch eine Sozialbegleiterin.
Kein Tag ist in der Virgilambulanz wie der andere. Und so unterschiedlich wie die Patientinnen und Patienten sind – vom Notreisenden aus Rumänien bis zur Studentin aus Mexiko, die in Österreich ohne Versicherungsschutz gestrandet ist – sind die Erkrankungen. Grippale Infekte, leichte Verletzungen, erhöhter Blutdruck oder Diabetes gehören zu den Behandlungsroutinen. Manuel Zehetners Aufgaben reichen von der Blutabnahme bis zur Wundversorgung. Seine erste Adresse als Ehrenamtlicher ist die Virgilambulanz nicht. Erfahrungen hat er bereits beim Roten Kreuz gemacht.
Seit 2021 ist er im Salzburger Priesterseminar. Und momentan müsse er sich seine Tage gut einteilen. „Mit dem Studium und aktuell der Diplomarbeit habe ich viel zu tun.“ Warum er sich trotzdem engagiert? Für die Antwort muss er nicht lange überlegen. „Die Schwächeren brauchen Hilfe, das ist zutiefst biblisch: Ich war hungrig und du hast mir zu essen gegeben, ich war durstig und du hast mir zu trinken gegeben, ich war krank und du hast mich besucht...“
Die Virgilambulanz funktioniert nur deshalb so gut, weil es immer wieder Menschen gibt, die spenden: Geld oder Mitarbeit. Gerade über weitere Ärztinnen und Ärzte wäre die Freude groß, aber auch über alle anderen, die sich einbringen möchten, wie Caritas-Direktor Johannes Dines unterstreicht.
Dass helfen keine Einbahnstraße ist, bestätigt Manuel Zehetner: Er gebe mit seiner Zeit nicht nur etwas her. „Die Menschen merken es, wenn du etwas gern und aus Nächstenliebe tust. Es kommt dann nämlich zu 99 Prozent Dankbarkeit zurück.“
Infos zum Zeit oder Geld spenden:
www.caritas-salzburg.at
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