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Das Caritas-Haus in der Salzburger Plainstraße 83 ist seit vielen Jahren ein Ort, an dem Menschen in Not Hilfe und Unterstützung finden. Seit Monaten gehen Handwerker im Gebäude ein und aus. Nur die Fassade ist unverändert, im Inneren blieb nichts beim Alten. Die Aufgabe war groß, es sollte leistbarer Wohnraum entstehen und ein Zuhause, das Schutz, Geborgenheit und Perspektive für einen Neuanfang bietet. Maria und ihr Baby sind bald unter den ersten Bewohnerinnen, die einziehen. „Ich habe lange abgewartet und gedacht, ich bekomme das hin. Eine Freundin hat mich sehr unterstützt und irgendwann gesagt, ich muss raus.“ Der erste Anruf und dann der Gang zur Frauenberatung fielen Maria (Name geändert) nicht leicht. „Das war eine große Überwindung.“ Dann folgte die Erleichterung. „Es gibt doch eine Perspektive – zum Glück.“ Die junge Frau erzählt von einer zehn Jahre mehr oder weniger harmonischen Beziehung. Doch mit ihrer Schwangerschaft und Corona veränderte sich alles. Ihr Freund verlor seinen Job in der Gastronomie. Ein Schock, der ihn in eine Depression stürzte. Er verhielt sich zunehmend aggressiver und begann Maria heftig zu beschimpfen und nach einiger Zeit sogar zu bedrohen. „Ich konnte den psychischen Druck nicht mehr aushalten und hatte schreckliche Angst um mich und das Baby. Ich dachte: Bloß nicht unter einem Dach mit ihm“, erinnert sich die 31-Jährige. Sie holte sich Unterstützung. In der Frauenberatung taten sich Optionen auf und für die Wohnsituation fand sich schließlich auch eine Lösung. Im Jänner zieht sie schließlich mit ihrem Kind in das Caritas-Wohnprojekt für Frauen. Im Jänner ist Einzug Die Gründe, warum Frauen in Not kommen, sind vielfältig. Oft sind es emotionale und finanzielle Abhängigkeit in der Beziehung, schwierige Wohnverhältnisse, psychische Erkrankungen oder Gewalt. Was in solchen Situationen hilft, ist ein stabiles und leistbares Zuhause, einen Ort, wo die Frauen zur Ruhe kommen und sich aufrichten können. „Ziel ist ein eigenständiges und geordnetes Leben“, bringt es Sabine Zeller auf den Punkt. Sie leitet das neue Frauenwohnen der Caritas und kann es kaum erwarten, die ersten Frauen im neuen Daheim in der Elisabethvorstadt willkommen zu heißen. Das Dach, die Fenster, die Böden und das Stiegenhaus sind schon fertig. Doch in den 34 Wohnungen, jede rund 30 m2 groß samt Bad und Küche, ist noch genug zu tun. „Das Schöne ist, jeder Tag bringt einen Fortschritt“, freut sich Zeller und zeigt bei einer Besichtigung für das Rupertusblatt eine der Wohnungen, in der die Küche schon montiert und im zweiten Raum zwei Stockbetten aufgebaut sind. „Hier ziehen eine Frau und ihre vier Kinder ein. In diesem Fall haben wir die Wohneinheit um das angrenzende Zimmer erweitert, damit die Familie Platz hat.“ Wie Zeller berichtet, finden die künftigen Bewohnerinnen, wenn es notwendig ist alles vor: von denTellern bis zu den Handtüchern. „Die Frauen können aber Kleinmöbel und ihre Sachen mitnehmen. In der eigenen Bettwäsche schläft es sich ja am besten.“ Miteinziehen dürfen Haustiere. „Die sind beim Aufnahmegespräch mit dabei“, lacht die Sozialpädagogin. Gut begleitet ins neue Leben Das Team um Zeller komplettieren eine Sozialarbeiterin, eine Psychologin und eine Familienpädagogin. In Gesprächen und Workshops mit den Frauen loten die Expertinnen aus, wo es in hingehen soll, welche Ressourcen vorhanden sind und in welchen Bereichen es hapert. Sie beraten bei der Regelung finanzieller Angelegenheiten oder helfen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche. Mit im Boot sind natürlich die Kinder. „Brauchen sie Förderung? Ist es zum Beispiel sinnvoll sie in einem Sportverein anzumelden? Darauf gehen wir individuell ein,“ so Zeller. Sie verweist zudem auf das Pflänzchen Gemeinschaft, das in der Plainstraße wachsen und dann Kraft geben soll. „Dafür gibt es Räume wie eine große Küche, die alle nützen können und sollen.“ Insgesamt 34 Frauen in Not – mit und ohne Kinder – können im Frauenwohnen ein leistbares Zuhause beziehen. Aus der Wohnbedarfserhebung ist bekannt, dass der Bedarf weitaus größer ist. Rund 250 Frauen in Salzburg leben in ungenügenden oder ungesicherten Wohnverhältnissen. Das heißt, sie sind nach einer Trennung oder Delogierung bei Bekannten untergekommen, leben in Provisorien, in ungeeigneten und beengten Verhältnissen oder wollen nach der Zeit im Frauenhaus oder einer Obdachlosigkeit neu beginnen. „Geplant ist, dass die Frauen zwei bis drei Jahre bleiben. Wobei wir selbstverständlich niemanden auf die Straße schicken, wenn der Weg in die Selbstständigkeit dann nicht zu Ende ist“, hält Zeller fest. Herzensprojekt umgesetzt „Die Vergabe der Wohnungen erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wie dem Gewaltschutzzentrum, den Salzburger Frauenhäusern und den Einrichtungen der Caritas wie dem Haus Elisabeth zusammen“, erklärt Andrea Schmid, stellvertretende Direktorin der Caritas Salzburg. Sie verweist zudem auf zwei Finanzgeber und bedankt sich: „Ohne Land und Stadt Salzburg könnten wir diese Schutzunterkünfte nicht anbieten.“ Bei Frauen- und Kinderarmut sowie Gewalt in der Familie genau hinzuschauen, ist Schmid sehr wichtig. „Die Wohnungen für Frauen (und Kinder) in Not bezeichnet sie deshalb als Herzensprojekt. Der Blick auf aktuelle Zahlen bestätigt, dass der Ausbau von Angeboten für Frauen zur rechten Zeit kommt. Aktuell spricht die Polizei in Salzburg im Durchschnitt jeden Tag zwei Wegweisungen aus. Der Grund dafür ist überwiegend Gewalt in der Familie. Wegweisung bedeutet, die Täter – zu 90 Prozent sind es Männer – dürfen sich dem Zuhause des Opfers für zwei Wochen nicht nähern. Geld oder Zeit spenden Noch bleiben Sabine Zeller und vor allem den Handwerkern einige Monate, um bis zum Einzug der Frauen in der Plainstraße an den letzten Schrauben zu drehen. Um es wohnlicher zu gestalten und das eine oder andere Accessoire anzuschaffen, sind Spenden sehr willkommen. Die Leiterin hofft auch auf Menschen, die ihre Zeit verschenken. „Wir freuen uns über Ehrenamtliche, die den Kindern bei Hausübungen unter die Arme greifen wollen.“
Das Haus in der Salzburger Plainstraße 83 hat eine lange Caritas-Geschichte. Ab den 1950ern nutzte es die Organisation als „Caritasheim St. Elisabeth“ für Jugendliche und Heimatvertriebene, dann als Unterkunft für die Schülerinnen der „Vorschule für Familie und Beruf“, später war die Schule selbst dort untergebracht. Auch die Caritas-Familienhelferinnen fanden in der Plainstraße ein Daheim. Nach der Hochwasserkatastrophe 1959 bekamen evakuierte Familien hier eine Unterkunft. Von 1983 bis Ende Dezember 2019 wohnten am Standort Flüchtlinge. Während der ersten Phase der Coronapandemie, von April bis Ende Juli 2020, war das Haus ein 24-Stunden-Quartier für obdachlose Menschen. Im Herbst 2020 startete die Caritas schließlich mit dem Umbau für das Frauenwohnen. Die Fassade blieb, innen folgte eine komplette Entkernung. Noch ist die Einrichtung der 34 Wohnungen im Gange. Im Jänner 2022 ziehen die ersten Frauen ein. Das Nutzungsentgelt liegt bei 399 Euro. Die Wohnungen stehen für alle Frauen in Not – aus Stadt und Land Salzburg – ab 18 Jahren, mit oder ohne Kinder zur Verfügung. Finanziert wird das Projekt aus Mitteln der Wohnbauförderung, des Nutzungsentgeltes und aus zweckgewidmeten Spenden.
„Wir wissen, wer Hilfe braucht und sind direkt bei den Menschen: in Stadt und Land Salzburg, in den Gemeinden und der Nachbarschaft “, sagt Caritas-Direktor Johannes Dines.
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