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Wie gelingt das Leben? Dieser Frage geht Christian Lagger nach. Er ist der neue Präsident im Internationalen Forschungszentrum (ifz) und nimmt Stellung zu Sterbehilfe, der Rolle der Wirtschaft – und er bricht eine Lanze für Zusammenhalt in kritischen Zeiten. von Michaela Hessenberger RB: Im ifz Salzburg geht es um sozial-ethische Themen, eines bewegt Österreich aktuell besonders – die anstehenden Änderungen im Umgang mit assistiertem Suizid. Ihre Haltung als Geschäftsführer eines Ordesspitals in Graz und als neuer Präsident des ifz? Lagger: Niemand ist berechtigt, ein Urteil über Menschen zu fällen, die sich das Leben nehmen. Das steht uns nicht zu. Ich habe tiefen Respekt vor der Geheimnishaftigkeit eines jeden Einzelnen. Aber jeder Suizid ist ein Suizid zu viel. Unser Auftrag ist, Menschen zu helfen, damit sie diesen Schritt nicht gehen müssen. Seitens der Ordensspitäler ist alles zu tun, damit Patientinnen und Patienten möglichst wenig Schmerz, dafür viel Zuwendung erfahren. Schauen wir, was wir tun können, damit niemand unter Druck kommt. Da hat die Kirche Verantwortung und viel Kompetenz in der Zuwendung. RB: Wie beschreiben Sie das ifz jemandem, der noch nie davon gehört hat? Lagger: Mir ist das Haus ja nicht neu; ich war im wissenschaftlichen Beirat. Jemandem bei mir daheim in Graz würde ich sagen, dass es in diesem internationalen Forschungszentum tiefgreifend darum geht, was die Bedingungen von gutem Leben sind. Wie sieht ein solches im Gesamten aus? Wir prüfen, in welcher Gesellschaft Menschen leben wollen, welche Vortellungen sie dabei leiten sollen. Das wird im ifz auf hohem Niveau und von vielen Perspektiven her erforscht. RB: Wohin soll sich das ifz mit Ihnen an der Spitze entwickeln? Lagger: Mir ist wichtig, bewährte Frage- und Forschungslinien weiterzuführen und offen zu sein für Fragen nach dem Zusammenhalt einer Gesellschaft angesichts Impfung und Covid. Wir spüren ja, dass es gegensätzliche Meinungen gibt, die nicht harmonieren. Spielentscheidend für eine gute Zukunftsentwicklung ist der Zusammenhalt. Weil ich ein Mann der Wirtschaft und überzeugt bin, dass die Ökonomie einen Beitrag zu einer menschenfreundlichen Gesellschaft leisten kann, möchte ich die Forschung um diese Komponente erweitern. RB: Ihren Job in Graz behalten Sie, Ihren neuen Aufgaben kommen Sie in Salzburg nach – und gerade wurden Sie in eine Position in Wien gewählt. Wie gelingt der Spagat zwischen drei Landeshauptstädten? Lagger: Nun habe ich die Gelegenheit, eine gute Süd-Ost-Achse zu schaffen, auf mehreren Wegen. Denn digitale Möglichkeiten haben gerade in der Pandemie gezeigt, wie Kommunikation auch über Bildschirme bestens gelingen kann. RB: Das ifz ist mit der Abwicklung der Fragebögen zum Synodalen Prozess betraut. Eine Frage lautet sinngemäß „Was wollten Sie der Kirche immer schon sagen“. Ihre Antwort? Lagger: Ich würde ihr gerne sagen, dass sie keine Angst auf dem Weg in die Zukunft haben muss. Dass sie viele Kräfte in sich birgt und durchaus selbstbewusst Herausforderungen entgegengehen darf. Ich sehe den Synodalen Prozess als eine Art Muskeltraining für den Hörsinn. Wir sollen auf die Menschen achten, am meisten auf die, die fern sind. Es steckt so viel an Lebendigmachendem in der Botschaft. Die Worte Jesu und der Schatz der Kirche haben so viel Vitales. Wie Erzbischof Lackner sagt, darf man auch auf den Heiligen Geist setzen. RB: Sie und der Erzbischof sind gute Freunde. Lagger: In Graz war ich 2001 Sekretarius von Bischof Egon Kapellari. Der heutige Salzburger Erzbischof war ein Jahr später Weihbischof in der Steiermark. Es hat sich eine Gruppe gebildet, erst zu Mittagessen, dann zum vertieften Studium, auf das wir Wert gelegt haben. Die Liebe zur Philosophie war ein starker Faktor. Unsere Freundschaft, wie sie heute ist, ist ein Stück weit ein Geschenk. Und das nehmen wir beide sehr dankbar an. Zur Person Dr. Christian Lagger ist neuer Präsident im Internationalen Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen (ifz) in Salzburg. Der studierte Theologe, Philosoph und Manager ist Geschäftsführer im Spital der Elisabethinen in Graz und seit kurzem auch Vorsitzender der österreichweiten ARGE Ordensspitäler. Befragt nach seinem Privatleben antwortete er dem Rupertusblatt: „Ich bin verheiratet und Vater von vier Kindern. Dazu bin ich eingefleischter Sturm-Graz- und KAC-Fan. Ich habe selbst Eishockey gespielt, urlaube seit 32 Jahren in Osttirol, war dreimal am Großglockner, liebe Berge und bin ein Läufer.“
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