RB: Was ist Ihre Vision als Bundesvorsitzender der Katholischen Jugend Österreich?
Rafael Haigermoser: Ich sehe mich als Bindeglied zwischen jungen Menschen und der Kirche. Ich vertrete die Katholische Jugend nach außen, möchte aber gleichzeitig auch Glauben und Kirche zu jungen Menschen bringen. Unsere Diözesen und die KJ haben tolle Angebote, die Jugendliche begeistern, sie Gemeinschaft spüren und Glauben erleben lassen. Auf der anderen Seite möchte ich Bischöfen sowie Kirchenvertreterinnen und -vertretern die Lebensrealität junger Menschen näherbringen.
RB: In welchen Bereichen sehen Sie konkreten Handlungsbedarf?
Haigermoser: Jungen Menschen liegt die Bewahrung unserer Schöpfung sehr am Herzen und die Klimakrise beschäftigt sie. Das ist ein Thema, das mehr Öffentlichkeit und Handeln braucht und bei dem die Schöpfungsverantwortung einen wesentlichen Beitrag leistet. Deshalb engagiere ich mich auch bei der Organisation „Religions for Future“. Das ist ein Zusammenschluss von Menschen verschiedenster religiöser Hintergründe. Gemeinsam setzen wir uns ein, dass die Politik Rahmenbedingungen schafft, um allen ein gutes, erfülltes Leben zu ermöglichen. In einem erfüllten Leben geht es nicht um mehr, mehr, mehr. Nach der christlichen Spiritualität bedeutet ein Leben in Fülle, das zu genießen, was wir geschenkt bekommen haben – unsere wunderbare Welt. Daher braucht es ein Bewusstmachen, wohin die Klimakatastrophe führt, und die Umsetzung der Enzyklika „Laudato si‘“ von Papst Franziskus.
RB: In welchen gesellschaftlichen Bereichen ist die Kirche noch Vorbild? Wo hat sie umgekehrt noch Hausaufgaben zu machen?
Haigermoser: In Migrationsfragen handelt die katholische Kirche vorbildhaft. Beim Bereitstellen von Nahrung, Hilfsmitteln oder Wohnungen beweist sie gerade im Ukraine-Krieg, was gemeinsam geleistet werden kann. In solchen Situationen zeigt Kirche, was gesellschaftliches Engagement erreichen kann. In Fragen der Geschlechtergerechtigkeit hat die Kirche noch einen langen Weg vor sich.
In einem erfüllten Leben geht es nicht um mehr, mehr, mehr.
Es bedeutet, das zu genießen, was wir geschenkt bekommen haben.
RB: Wie schätzen Sie den Spagat zwischen Ihrer persönlichen Meinung und jener der Katholischen Jugend als Institution ein?
Haigermoser: Dass sich meine eigene Meinung mit jener der KJ in sehr hohem Maße deckt, macht mir die Arbeit leichter. Die Bundesjugendvertretung hat mir gezeigt, wie man nach engagierten Diskussionen, in denen verschiedene Meinungen auf den Tisch kommen, gemeinsam eine Position finden und diese nach außen tragen kann. Ich bin optimistisch, dass das sehr gut klappen wird und ich mich dabei auch persönlich weiterentwickeln kann.
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