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Salzburg. Kirche und Gläubige müssten ihre gesellschaftliche wie politische Verantwortung für demokratische Werte wie Menschenrechte, Solidarität und Rechtsstaatlichkeit aktiv wahrnehmen, betonte Josef Marketz. „Politisches Engagement ist für Christen deshalb keine bloße Option, sondern Verpflichtung“, so der Referatsbischof für Pastoral der Bischofskonferenz.Demokratie sei kein abstraktes Konstrukt, sondern gelebte Praxis der Teilhabe und Verantwortung. Angesichts aktueller Herausforderungen wie Populismus, Fremdenfeindlichkeit und Demokratieverdrossenheit kritisierte Marketz, dass die Botschaft von Hoffnung und Solidarität oft verpuffe. Der Bischof rief dazu auf, mutig Stellung zu beziehen und besonders jenen eine Stimme zu geben, die keine oder nur eine schwache haben.
Über die Rolle Sozialer Medien in diesem Zusammenhang sprach am Eröffnungstag Digital-Expertin Ingrid Brodnig (siehe Link). Die Philosophin Lisz Hirn referierte danach zu den Grundpfeilern und Krisen der Demokratie – von der antiken Polis bis zur Gegenwart. Demokratie beruhe auf dem Gleichgewicht von Vertrauen (das sich die politische Führung freilich durch Transparenz und Glaubwürdigkeit verdienen müsse) und Misstrauen als „Korrektiv gegen Machtmissbrauch“.
Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, sagte in der Podiumsdiskussion: „Religion darf nie ein Grund sein, um Menschen zu diskreditieren.“ Er wies damit Äußerungen der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zum „Kampf gegen den Islam“ zurück und unterstrich die aktive Rolle der Kirche für gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen destruktive Dynamiken. Auch Theologin Isabella Bruckner verwies auf die Bedeutung christlicher Gemeinschaften für das demokratische Miteinander. Insbesondere die Pfarrgemeinden könnten öffentliche Räume sein, in denen sich Menschen begegnen, um miteinander zu diskutieren. Grundlegend sei dabei das Vertrauen, im Dialog die Wahrheit zu finden. Eine solche Lerngemeinschaft sei letztlich auch die Gruppe der Jüngerinnen und Jünger Jesu gewesen, erinnerte Bruckner.
Die ambivalente Wirkung religiöser Zugehörigkeit auf die Demokratie führte die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak als Erkenntnis der Studie „Was glaubt Österreich?“ (siehe Seite 10) ins Treffen. Religiöse Menschen hätten tendenziell mehr Vertrauen in Institutionen, aber auch eine erhöhte Präferenz für autoritäre Führungsstrukturen. Regina Petrik, Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreich, warnte vor einer „Dauer-Empörungsschleife“, lehnte jedoch „die dauernde Rede von einer Spaltung der Gesellschaft“ ab.
Letztlich sei das Christentum nach wie vor ein wichtiger Impulsgeber für Demokratie und Inklusion, sagte der deutsche Theologe Ansgar Kreutzer. Religion und politische Öffentlichkeit stünden von jeher in Beziehung. Zu unterscheiden sei jedoch zwischen einem politischen Christentum als aktiver Teil der Gesellschaft und einer Kirche, die sich politisch instrumentalisieren lasse. Er verwies auf Papst Franziskus, der das Leitmotiv „Gott will Einbeziehung“ geprägt habe.
Die nächste Pastoraltagung widmet sich vom 8. bis 10. Jänner 2026 der Vulnerabilität/Verletzbarkeit. - Infos: www.pastoral.at/pastoraltagung
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