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Washington. Jesus im T-Shirt mit Dreadlocks, Maria kräftig geschminkt mit Bob-Frisur, Hildegard von Bingen mit feuerrotem Lidschatten und Tattoos als tätowierte Femme fatale. Was nach einem Affront gegen die Kirche klingt, stellt sich bei genauerem Hinsehen anders dar: Gracie Morbitzer, eine junge katholische US-Künstlerin, bricht zwar Tabus und zeigt christliche Heilige nach dem Dresscode der heutigen Jugend, aber sie will damit nicht nur provozieren, sondern die Figuren vor allem wieder attraktiver machen.
Als Kunststudentin in Ohio erlebte die US-Amerikanerin 2015 eine persönliche Glaubenskrise. Katholisch aufgewachsen fühlte sie sich zunehmend fremd in ihrer eigenen Kirche und begab sich mit ihrer Kunst auf die Suche nach einer Spiritualität, die ihr abhandengekommen war. So begann sie damit, Heilige in einen modernen Kontext zu versetzen, um neue Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen: Die dargestellten Personen rauchen Zigarette, tragen Kopfhörer, sind tätowiert.
Als erste Figur porträtierte sie Jesus als meditierenden jamaikanischen Rastafari-Anhänger im T-Shirt. Das Bildnis sollte zugleich ein Abschied von der europäisch-weißen Dominanz in der Heiligenmalerei sein. Das Projekt „The Modern Saints“ war geboren.
Inzwischen sind so 150 Porträts entstanden. Wichtig ist ihr dabei auch, die ethnische Zugehörigkeit der Heiligen historisch korrekt wiederzugeben – eine bewusste Abkehr von eurozentristischen Gesichtszügen. Dieser Stil verbinde das Zeitgenössische mit dem Antiken, das Weltliche mit dem Sakralen, meint Kaya Oakes, Dozentin der Berkeley-Universität in Kalifornien. „Das spricht die Menschen wirklich an.“
Längst hat Gracie Morbitzer ihr eigenes Atelier. Die „Modern Saints“ sind ein Erfolg, wiewohl ihr Stil nicht bei allen Katholiken gut ankommt. Doch die Künstlerin steht zu ihrer Arbeit. Sie lehnt es ab, sakrale Kunst lediglich als Form der Verherrlichung zu begreifen. Vielmehr will sie dadurch auch mit Menschen ins Gespräch kommen, die dem Christentum fern sind.
kap/kna
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