Gerüchten zufolge gehört der Jedermann von Hugo von Hofmannsthal sowieso vor den Innsbrucker Dom und nicht nach Salzburg. Dieser sich hartnäckig haltenden Behauptung ging Petra Streng, Volkskundlerin und Leiterin des Augustinermuseum Rattenberg, nach. Allerdings ohne einen echten Beweis dafür zu finden, dass Max Reinhard – Mitbegründer der Salzburger Festspiele – 1920 tatsächlich Innsbruck als Spielort im Sinn gehabt haben könnte.
Schon im vergangenen Jahr spielte das Laienensemble der Innsbrucker Leobühne im Augustinermuseum ein Theater, Nestroys Einakter „Frühere Verhältnisse“. Das Stück konnte punkten und weil das Gerücht um den Jedermann sich zwar nicht bestätigen lässt, aber auch nicht verschwindet, beschlossen Petra Streng und die Obfrau der Leobühne Michaela Geisler kurzerhand den Jedermann nach Tirol zu holen.
„Es geht darum, wie schnell es gehen kann, wie schnell man verlassen dasteht und niemand etwas mit dem Tod zu tun haben will“, sagt Streng, die darin mit Geisler übereinstimmt: „Mich fasziniert die alte Sprache, in der jeder Satz extrem viel aussagt und im Grunde den Zeitgeist von heute widerspiegelt.“
Das alte Augustiner-Eremitenkloster bietet die perfekte Atmosphäre für die Geschichte vom Leben und Sterben des reichen Mannes. Der Kirchturm überragt den Innenhof, der drohende Jedermann-Ruf ertönt von dort oben. Sollte das Wetter den Auftritt im Freien nicht zulassen, weicht das Ensemble samt Publikum ins Innere des Klosters aus.
Mindestens vier Produktionen spielt die Leobühne pro Jahr, der Jedermann ist in der 40-jährigen Geschichte der Laiengruppe zum ersten Mal dabei. „Ich führe Regie und werde die Buhlschaft und die guten Werke spielen. Ich verkörpere also zu Beginn die Verführung Jedermanns und bringe ihn zum Schluss wieder auf den rechten Weg“, freut sich Michaela Geisler schon auf die Auftritte. Monika Hölzl
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