Der Buchtitel ist einem Gebet von Lena Raubaum entnommen. Damit verweist Herausgeberin Kathrin Wexberg auf eine zentrale Dimension des Betens: den Blick in den Himmel, über die sichtbare Welt hinaus. Dem Rupertusblatt verrät sie, worauf es bei Gebeten für Kinder noch ankommt.
RB: Woher kam die Idee zu den Gebeten für Kinder?
Kathrin Wexberg: Es war sozusagen ein Wunsch des Tyrolia Verlags. Das bisherige Angebot am Markt ist großteils von der Textauswahl her sehr traditionell und von der ästhetischen Aufmachung her eher unambitioniert. Da ich mich beruflich mit religiöser Kinderliteratur beschäftige und bereits Lene Mayer-Skumanzs Buch „Ein Löffel Honig“ für eine Neuausgabe bearbeitet hatte, wurde ich dazu eingeladen, bereits vorhandene und neu verfasste Gebete zusammenzustellen. Und das Buch soll natürlich das vorhandene Bedürfnis stillen, zu Anlässen wie Geburt, Taufe oder Erstkommunion ein schön gestaltetes Buch zu verschenken, das Kinder (und Erwachsene…) dann über viele Jahre begleiten kann.
RB: Erwachsene lesen Kindern Bücher vor, bringen ihnen die Lust am Reimen und Träumen näher. Worin unterscheiden sich Gebete von Texten für Kinder? Könnte das „Kleine Ich bin Ich“ als Gebet „durchgehen“?
Wexberg: Ich würde meinen, dass bei Gebeten weniger die narrative Struktur einer Geschichte im Vordergrund steht als die „innerliche“ Auseinandersetzung mit einem Thema oder einer Frage, die eben an ein transzendentes, göttliches Du gerichtet ist. Wobei natürlich auch bekannte Geschichten wie „Das kleine Ich bin Ich“ durchaus eine spirituelle Dimension haben (können) oder zumindest so gelesen und interpretiert werden können. Ein Gebet wäre es aber aus meiner Sicht dann, wenn die Hauptfigur bei ihrer Suche nach der eigenen Identität irgendwann innehält und sich an ein göttliches Gegenüber wendet.
Das Faszinierende sind die unterschiedlichen Themen, Stimmungen und sprachlichen Varianten.
RB: Ihre Sammlung präsentiert Texte namhafter Autoren und Autorinnen wie Heinz Janisch, Georg Bydlinski, Lene Mayer-Skumanz, Lena Raubaum, Elisabeth Steinkellner. Wie leicht ließen sie sich für den Band gewinnen?
Wexberg: Ich habe meine Anfragen sehr vorsichtig formuliert, nicht bei allen wusste ich, ob und was für einen Zugang sie zum Thema Beten haben. Und ich war sehr positiv überrascht, dass alle sehr schnell und sehr freudig zugesagt haben! Es ist ganz faszinierend, wie unterschiedlich die Themen, Stimmungen und die sprachlichen Varianten der Gebete sind. Meine Anfragen an die Mitwirkenden habe ich übrigens kurz nach dem ersten Lockdown 2020 gestellt – ich kann mir gut vorstellen, dass nach dieser großen Zäsur die Lust an der Auseinandersetzung mit spirituellen Fragen durchaus groß war.
RB: Sie schreiben auch selbst Gebete für Kinder. Wie lange schon? Und warum?
Wexberg: Als Jungschargruppenleiterin und Diözesanvorsitzende der Jungschar habe ich mich lang und intensiv mit Fragen der Kinderliturgie und -pastoral beschäftigt, auch immer wieder mal zum Beispiel bei Kindergottesdiensten freie Gebete formuliert, aber nie verschriftlicht. Die konkreten Texte sind dann tatsächlich im Rahmen der Arbeit an dem aktuellen Buch entstanden, ich wollte sozusagen meinen eigenen Auftrag an die Autorinnen und Autoren auch selbst erfüllen.
Buchtipp
Trost und Halt suchen, über die Welt staunen, dem anderen verzeihen, um etwas bitten, für etwas danken, sich über etwas freuen und jemandem etwas Gutes wünschen. Das alles und noch viel mehr kann Beten sein. Doch fehlen oft die Worte. Die aktuelle Sammlung schafft Abhilfe mit neuen sowie klassischen Gebeten für Kinder und die ganze Familie.
Kathrin Wexberg: Immer mal wieder zum Himmel schauen, Gebete für Kinder, Innsbruck–Wien 2023, Tyrolia Verlag, 128 Seiten, 58 farbige Abb., 22 €, 978-3-7022-4080-6.
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