Salzburg. „Ja, wurden Sie denn gleich nach der Firmung geweiht?“ So launig hatte einmal Kardinal Joseph Ratzinger auf das Alter bei Neuhardts Priesterweihe reagiert. Er war noch keine 23 Jahre alt, als ihm am 12. Juli 1953 Erzbischof Andreas Rohracher die Hände auflegte. „Der Erzbischof hat damals zweimal nach Rom schreiben müssen, weil ich 14 Monate zu jung war. Es brauchte eine extra Genehmigung.“
Der Jubilar erinnert sich an jedes Detail der Weihe und der Primiz im Dom. „Ferdinand Holböck war mein Primizprediger. Domkapellmeister Joseph Messner hat die Nelson-Messe von Joseph Haydn aufgeführt.“ Leider habe niemand fotografiert, im Gegensatz zur Erstkommunion im Juni 1939 im Sacellum. „Unseren Katecheten Heinrich Weinstabl haben wir heiß geliebt, weil er so gut zeichnen konnte. Der Vater eines Mitschülers hatte damals schon einen Fotoapparat besessen“, erzählt Neuhardt und zieht das auf der Rückseite feinsäuberlich mit allen Namen der Schüler beschriftete Foto der Erstkommunion (siehe Seite 24) zur Ansicht hervor.
Große Feier werde es zum jetzigen Jubiläum keine geben, sagt Neuhardt und verweist auf seine eingeschränkte Mobilität. Doch wie ein Blick in sein Gästebuch zeigt, gibt es dieser Tage zahlreiche Gratulanten – angefangen bei Landeshauptmann Wilfried Haslauer bis Hubert von Goisern sowie Erzbischof Franz Lackner und Weihbischof Hansjörg Hofer, die sich zuletzt verewigt haben.
Die Begegnungen mit Politikern, Theologen und Künstlern waren Zeit seines Lebens selbstverständlich. So war Eugen Biser einer seiner guten Freunde. Nach wie vor steht er in brieflichem Kontakt zu Literaturnobelpreisträger Peter Handke. „Wie oft war ich bei Helmut Kohl an seinem Ferienort St. Gilgen eingeladen…“, streut Neuhardt noch einen bekannten Namen ein und fügt schmunzelnd hinzu: „Die Gespräche haben Wirkung gezeigt.“ Über die Inhalte der Treffen behält er freilich Stillschweigen und bringt dafür jenen Satz an, für den er mittlerweile bekannt ist: „Wüsste ich über diese Sache weniger, könnte ich mehr darüber sprechen.“
Dem kunstsinnigen und wortgewandten Priester und emeritierten Domkapitular, Domdechanten und Diözesankonservator Johannes Nepomuk Neuhardt verdankt Salzburgs Kirche viel. So gründete er vier Museen: Mattsee, Rattenberg, Maria Kirchental und das Dommuseum, dessen Direktor er von 1974 bis 1994 war. Der Brückenbauer zwischen Kunst und Kirche ist Initiator des Kardinal-König-Kunstpreises. „Die Kirche braucht die Kunst – und zwar die von heute. Sie kann sich nicht mit der von gestern begnügen, weil ihr Auftrag für heute und morgen gilt“, sagte Neuhardt bei einer der Verleihungen.
Der von Papst Johannes Paul II. ernannte Apostolische Protonotar füllte in der Erzdiözese zahlreiche Funktionen aus. Er war Zeremoniär zweier Erzbischöfe, Geistlicher Assistent der Katholischen Aktion und gehörte lang dem Konsistorium der Erzdiözese an. Besondere Verdienste erwarb er sich um den Auf- und Ausbau der Telefonseelsorge. Neuhardt ist mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Bürgerbrief der Stadt Salzburg“. Er ist Träger des Österreichischen „Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst erster Klasse“.
Über aktuelle kirchliche Entwicklungen ist Prälat Neuhardt am Laufenden, auch wenn er tiefstapelt: „Ich bin Pensionist. Aber letzte Wellenschläge erreichen meine Wohnung.“ So verweist er in der Zölibatsdebatte auf die Weihe von „Viri probati“ und erklärt: „Das ist eine Frage des Ritus. Es gibt katholische Pries-ter, die verheiratet sind; nur der römische Ritus verbietet die Ehe, nicht der griechische.“ Wie geht es mit der Kirche insgesamt weiter? Diese Frage beantwortet der 92-Jährige zweideutig: „Es wird gut weitergehen, aber nicht in der jetzigen auf Rom zentrierten Form.“
Zur Person
Johannes Neuhardt wurde am 22. September 1930 in Salzburg geboren. Nach dem Studium der Theologie empfing er am 12. Juli 1953 die Priesterweihe. Anschließend wirkte er als Kooperator in Bischofshofen, Kufstein-St. Vitus, Kitzbühel und als Subregens im Priesterseminar. Es folgte ein Zweitstudium der Kunstgeschichte und klassischen Archäologie an der Universität Innsbruck. Am 1. Jänner 1960 wurde er Diözesankonservator der Erzdiözese Salzburg. Seit 1978 war er Mitglied im Metropolitan- und Domkapitel, dem er von 1992 bis 2005 als Dechant vorstand. Darüber hinaus hatte Prälat Neuhardt in der Erzdiözese zahlreiche Aufgaben und Ämter.
Aktuelles E-Paper