St. Johann i. T. Bunt ist meine Lieblingsfarbe“, sagt Tina Hötzendorfer lachend. Das Leben kann so grau und hoffnungslos sein, da sei es schön, wenn die Menschen auf das Farbenfrohe und Fröhliche im Leben schauen. Die junge St. Johannerin hat gerade jede Menge zu tun. Viel Arbeit steht an in ihrem Unternehmen mit dem klangvollen Namen „Rollin‘Art“. Im Jahr 2014 hat sie sich selbstständig gemacht und ihren Traum verwirklicht. „Ich wollte damals eine eigene Galerie eröffnen, doch es war mir klar, dass Bilder allein nicht ausreichen, um erfolgreich zu sein.“
Sie entwickelt eine geniale Geschäftsidee und bringt ihre selbstgemalten Bilder auf die unterschiedlichsten Produkte: „Die Malereien werden digitalisiert, bearbeitet und aufgedruckt“, erklärt die Künstlerin und zeigt auf die Fülle an Geschenksartikeln. Vom T-Shirt bis zur Thermosflasche, ihre selbstkreierten Motive zieren nahezu fünfhundert unterschiedliche Dinge.
Ihr Lebenspartner Richard, mit dem die St. Johannerin seit zweieinhalb Jahren zusammen ist, unterstützt sie tatkräftig. „Er arbeitet auch in der Firma und kümmert sich um die technischen Sachen und die Abläufe der Produktion.“ Die beiden sind ein tolles Team. Im Beruf und auch privat. Seit eineinhalb Jahren ist ihr Glück perfekt. Das gemeinsame Söhnchen erblickt gesund das Licht der Welt.
Das Glück war nicht immer präsent im Leben der jungen Frau. Es war ein Tag im Februar des Jahres 2008, der ihr Leben von einem Moment zum anderen für immer veränderte. Seit einem schrecklichen Snowboard-Unfall ist Tina Hötzendorfer von den Schultern abwärts querschnittgelähmt und kann ihre Finger nicht mehr bewegen. „Es war ein wunderschöner Wintertag und ich bin mit meinem Board auf die Piste. Plötzlich hab‘ ich mich verkantet, bin auf dem Nacken aufgeprallt und hörte dieses Knacksen. In diesem Augenblick habe ich gewusst, es ist etwas Furchtbares passiert. Ich konnte mich nicht mehr rühren“, erinnert sie sich. Auch daran, dass sie ihren Papa gerufen hat, noch während sie durch die Luft schleuderte.
Der Hubschrauber fliegt sie ins Krankenhaus in St. Johann. Dort bekommt sie die niederschmetternde Diagnose – ein Trümmerbruch des sechsten Halswirbels und eine Verletzung des Rückenmarks durch Knochensplitter. Sie wird nach der Erstversorgung in die Klink nach Innsbruck gebracht. Bei einer Operation verunreinigen Keime die Wunde und Tina kommt auf die Intensivstation.
Es folgen Monate der Reha und eine harte Zeit mit etlichen Rückschlägen. „Schon von Beginn an habe ich versucht, positiv damit umzugehen. Familie und Freunde sind mir beigestanden und haben mir immer wieder Kraft gegeben.“
In dieser Zeit entdeckt sie ein künstlerisches Talent, das in ihr schlummert. Mit ihrer speziellen Technik beginnt sie zu malen und es stellen sich erste Erfolge ein.
Bei Ausstellungen in New York, Paris und London werden ihre Werke vorgestellt. 2014 darf sie den Kitz Award für zeitgenössische Kunst entgegennehmen.
Bald darauf beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Und eine neue Lebensaufgabe: „Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie dunkel und trostlos das Leben sein kann. Mit meiner Kunst gelingt es mir, Freude und positive Energie in die Welt zu bringen. Das bewegt mich sehr.“ Die Rückmeldungen geben ihr Recht. „Menschen, die gerade schwierige Zeiten durchmachen oder Ähnliches erlebt haben wie ich, schreiben mir, wie wohltuend meine Produkte wirken.“ Darunter seien Geschichten, die sie zu Tränen rühren.
„Immer wieder erfahre ich von Kranken und Verunfallten, die durch meine Geschichte wieder Kraft und Mut schöpfen.“ Angehörige melden sich bei der jungen Künstlerin, um sich auszutauschen und Ratschläge zu bekommen. „Es gibt auch viele andere Mamas im Rollstuhl und ich gebe meine Erfahrungen gerne weiter. So hab ich einen speziellen Bauchgurt, der mir hilft, unseren Sohn sicher und bequem zu tragen.“
Es sei schon immer ihr Wunsch gewesen Mama zu werden, verrät sie mit einem liebevollen Ausdruck im Gesicht. Sie fühle sichsehr gesegnet mit ihrem Kind. „Es ist so unkompliziert und hat es mir immer schon leicht gemacht, als hätte es gewusst, wo es gelandet ist“, lacht sie und sagt wie dankbar sie sei. „Der Kleine gibt mir soviel zurück. Gestern haben wir Fangen gespielt. Das war so erfüllend. Da kann ich über das hinwegsehen, dass mein Leben nicht so leicht ist.“ Ihr Alltag sei nicht immer rosig und manchmal kompliziert. Tina braucht jeden Tag Unterstützung. Ein Urlaub will genau geplant und soll vor allem rollstuhlgerecht sein.
In der Zwischenzeit hat die Künstlerin, Unternehmerin und Mama zwölf Mitarbeiterinnen. Um alles unter einen Hut zu bringen, teilt sie sich die Zeit gut ein: „Ich stehe früh auf, frühstücke und spiele mit meinem Sohn. Dann beginnt der Oma-Vormittag für ihn und ich widme mich meiner Aufgabe.“ Wenn viel zu tun ist, wird nach dem Schlafengehen-Ritual wieder gearbeitet. „Ich sehe es als Berufung und Leidenschaft. Es macht mir soviel Freude. Zeit nur für sich selbst, hat sie wenig. Mit speziellen Yoga-Übungen und Turnen versucht Tina Hötzendorfer in Balance zu bleiben. „Manchmal sitze ich auch nur in der Sonne, genieße die Momente des Nichtstuns, atme tief ein und finde meine innere Ruhe.“
Was sie auf alle Fälle nach außen bringen möchte, ist die Botschaft, nie den Mut zu verlieren. „Wenn es einem schlecht geht, darf man dies zulassen. Wer schwierige Zeiten erfahren hat, weiß das Schöne intensiver zu schätzen. Ein Mensch darf niemals die Zuversicht verlieren, sondern soll sich lieber auf den Weg machen. So kann sich viel Gutes auftun.“
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