Teil zwei des Exkursions-Berichts „Auf den Spuren von Josua und Jesus" (Universität Salzburg)
Jerusalem. „Wenn ich sage ,keine Bibel und kein Kreuz‘, dann meine ich auch: keine Bibel und kein Kreuz.“ Die mahnenden Worte unserer Professorin gaben bereits ein beklemmendes Gefühl, bevor wir Ende Februar zu unserer Uni-Exkursion nach Israel aufbrachen. Sie betrafen nur eine Station: den Jerusalemer Tempelberg. Bereits das Gefühl, man könnte Probleme bekommen, wegen seines Kreuzanhängers und einer Taschenbibel, die man immer mit sich trägt, ist schwer vorstellbar, wenn man in Österreich aufgewachsen ist.
Die Freiheit, religiöse Symbole zu tragen, würde ich mir im Leben nicht nehmen lassen. Mein Kreuz ist ein Teil meiner Identität. Noch dazu ließ ich mir zu Beginn meines Theologie-Studiums ein Taizé-Kreuz auf das linke Handgelenk tätowieren – mein Glaube geht mir unter die Haut. Ich kann mein Kreuz also nicht einfach abnehmen und im Hotelzimmer lassen.
Eine Kollegin hatte das gleiche Dilemma. Denn wenn diese Tattoos entdeckt worden wären, hätten wir den Besuch des Tempelberges für die ganze Exkursionsgruppe verunmöglicht. Mit der Uhr als Abdeckung und langen Ärmeln gelangten wir aber ohne Probleme durch die Sicherheitskontrolle auf den Tempelberg – auch wenn es nicht gerade angenehm war, im Langarm-Shirt in der prallen Sonne zu stehen.
Der Tempelberg steht wie wohl kein anderer Ort in der Region für die religiöse Dimension des Nahost-Konflikts. Die westliche Stützmauer des Tempelkomplexes ist das wichtigste Heiligtum im Judentum und auf dem Berg befinden sich zwei der wichtigsten Moscheen des Islam. Religiöse Zeichen dort offen zur Schau zu stellen, ist verboten, weil man Konflikten, wie sie gerade in diesen Tagen wieder zu beobachten sind, vorbeugen möchte.
Wenn jemand seine religiösen Überzeugungen laut am Berg predigt, kann es zu Unruhen kommen. Auch wenn der Grundgedanke nachvollziehbar ist: Das Gefühl, sich irgendwie schämen zu müssen, dass man gerne Christ ist, und dass man dadurch auch Probleme bekommen könnte, war demütigend.
Ich kann und möchte diese Erfahrung gar nicht erst vergleichen mit all jenem, was Menschen weltweit auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit an Anfeindungen und Verfolgung erleiden müssen. Aber ich konnte für mich feststellen, wie wichtig es ist, tolerant miteinander umzugehen – und dass der Glaube mehr ist als das, was man zeigt.
Fortsetzung folgt: Der letzte Teil des Exkursions-Berichts wird den Eindrücken vom jüdischen Schabbat gewidmet sein.
Hintergrund
Lage eskaliert immer wieder
Schießereien, Anschläge, gewaltsame Auseinandersetzungen – der Tempelberg in Jerusalem ist als einer der umstrittensten heiligen Orte der Welt immer wieder Schauplatz und Ausgangspunkt von Eskalationen. Konflikte wie der Sechstagekrieg im Jahr 1967, der Brandanschlag auf die Al-Aksa-Moschee (1969), die Schießerei am Felsendom (1982) oder in jüngerer Vergangenheit das Attentat auf zwei Angehörige der israelischen Grenzpolizei (2017) sind untrennbar mit diesem Ort verbunden.
Eine extrem angespannte Sicherheitslage mit neuerlicher Eskalation wird seit der aktuellen Karwoche vermeldet. Die Spannungen hatten sich verschärft, nachdem die israelische Polizei gewaltsam gegen eine Gruppe von Palästinensern vorgegangen war, die sich in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg verbarrikadiert hatte. Durch Blendgranaten und Gummigeschosse wurden mehrere Personen verletzt und rund 350 Palästinenser festgenommen.
Auf die Zusammenstöße auf dem Tempelberg und in der Altstadt von Jerusalem folgte ein massiver Raketenbeschuss auf Israel aus dem Gazastreifen, Syrien und dem Libanon. Die israelische Armee reagierte mit Angriffen auf militärische Ziele der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen sowie im Südlibanon.
In Israel gab es zuletzt zwei Anschläge mit insgesamt drei Toten und mehreren Verletzten. An der belebten Strandpromenade von Tel Aviv wurde ein italienischer Tourist bei einer Attacke mit einem Auto getötet, sieben weitere Touristen wurden verletzt. Zuvor waren im Westjordanland zwei junge Frauen mit israelischer und britischer Staatsangehörigkeit getötet worden.
kap
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