Jerusalem. „Du sollst den Tag des Herrn heiligen.“ Für uns Christinnen und Christen ist das der Sonntag, für Musliminnen und Muslime der Freitag, für Jüdinnen und Juden der Samstag – Shabbat. In unseren Breiten diskutieren wir regelmäßig über die verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage. Wenn man sich dann vor Augen führt, wie der Shabbat in Israel begangen wird, sieht man jedoch, wie unterschiedlich Länder und Gesellschaften sein können.
Shabbat halten heißt ruhen. Nicht nur Konsumfasten, sondern keinerlei Arbeit verrichten. Unsere Exkursionsgruppe kam am Freitag, als bereits die Sonne untergegangen war, in Israel an. Das bedeutete, dass der von Sonnenuntergang am Freitag bis Sonnenuntergang am Samstag andauernde Shabbat bereits begonnen hatte. Innerhalb dieser Zeit darf nicht gearbeitet werden, wobei darunter nicht nur erwerbliche Tätigkeiten zählen. Beispielsweise dürfen am Shabbat auch keine Feuer entzündet oder Knöpfe (etwa im Aufzug) gedrückt werden.
Die Interpretation dieser Regeln ist unterschiedlich. Heutzutage wird zumeist kein Feuer mehr zum Wärmen benötigt – für Licht gibt es bekanntlich Lichtschalter, zum Kochen Elektroherde. Einzelne Gruppen wie etwa die Anhänger des orthodoxen Judentums haben sich auf ein Verbot für das Betätigen des Lichtschalters oder das Aktivieren des Herdes verständigt – weil diese Tätigkeiten als moderne Formen des Feuermachens interpretiert werden.
Für die Praxis bedeutet das: Stille. Autos fahren nicht, keine Menschen sind auf den Straßen. Für unsere Exkursion bedeutete das: Wir brauchten einen explizit muslimischen Busfahrer. Wir wussten nicht, ob wir im Hotel noch Abendessen bekommen würden. Und am Samstag, als wir in das zweite Hotel weiterzogen, mussten wir bis Sonnenuntergang warten, bis wir einchecken konnten. Im Hotel gab es einen eigenen Aufzug, den alle benützen können, die Shabbat halten. Er bleibt in jedem Stockwerk stehen, ohne dass Knöpfe gedrückt werden müssen.
Was können wir uns von den Regeln des Shabbat abschauen? Würden wir diese Auslegung des Ruhens eher als übertriebene Einschränkung unserer Freiheit empfinden? Gewiss halten auch nicht alle Jüdinnen und Juden gleichermaßen die Vorgaben ein und wenn, dann freiwillig. Es bedarf bestimmt einiger Willenskraft, so zu leben.
Persönlich nehme ich die Erfahrungen, die ich im Heiligen Land gemacht habe, als Ansporn, einen Tag in der Woche als geheiligt anzunehmen. Einen Tag, um sich zu stärken, damit für die restliche Woche genügend Kraft zur Verfügung steht.Um zu meditieren oder einen Spaziergang zu machen, einen Kaffee mit Freundinnen und Freunden zu trinken – und die Arbeit auf mich warten zu lassen.
Hintergrund
Israel-Eindruck aus erster Hand
In drei Teilen schilderte Theologie-Student Johannes Hablas für das „Rupertusblatt“ seine ganz persönlichen Eindrücke einer Israel-Exkursion „Auf den Spuren von Josua und Jesus“ mit dem Fachbereich Bibelwissenschaften und Kirchengeschichte der Universität Salzburg. Eingeholt wurden die Berichte leider von einer neuerlichen Eskalation im „Heiligen Land“. Umso interessanter war es, zu erfahren, wie ein Christ die Kultur und die Besonderheiten in Israel wahrnimmt.
Alle drei Teile des Erlebnisberichts sind auf dieser Website nachzulesen, unter der Rubrik „Kultur & Leben" (Reisen & Pilgern)
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