Eines vorweg: Wir wissen wenig von den Anfängen der jungen Christengemeinden. Die historischen Quellen und archäologischen Befunde sind dünn.
Die Hauptquelle sind die biblischen Erzählungen und diese wollen eine frohe Botschaft verkünden, nicht eine historische Bestandsaufnahme für die Zukunft aufschreiben. Vor diesem Hintergrund gibt es nur Annäherungen, die für uns in unser christliches Leben zu übersetzen sind. Wo dies gelingt, können wir für unser Miteinander in der Nachfolge Jesu wertvolle Impulse gewinnen und lernen, in der Spur Jesu das Leben und die Welt mitzugestalten.
Einen besonderen Einblick in die Anfänge gibt die Briefliteratur des Neuen Testaments, allen voran die Briefe des Apostels Paulus an seine Gemeinden. Paulus, der in Korinth das Christsein „eingepflanzt“ (1 Kor 3,6) und „durch das Evangelium gezeugt“ (1 Kor 4,15) hat, ist mit seiner Gemeinde sehr verbunden.
Christliches Leben ist geprägt von Beziehungen: Lebendige Beziehungen zu Gott, Jesus Christus und untereinander sind auch heute zentral für eine glaubwürdige Kirche – im Kleinen wie im Großen.
Korinth war eine bedeutende Hafenstadt auf der Landzunge zwischen Mazedonien und dem Peloponnes. In einer strategisch guten Lage brachte es die Stadt durch Handel und Verkehr zu Reichtum. Religiös und kulturell war Korinth von einer Vielfalt gekennzeichnet und Ort zahlreicher Tempel und Kulte – eine sehr heterogene Kultur. Das „korinthische Milieu“ wird auch als genusssüchtig, lax und anstößig beschrieben.
Die Botschaft des Auferstandenen entwickelte anfangs unter den mehrheitlichen Heidenchristen
und auch Judenchristen eine starke Integration.
Die Existenz einer jüdischen Gemeinde gilt als gesichert. Die Größe der christlichen Gemeinde ist nicht feststellbar, jedenfalls gab es mehrere Hausgemeinden, wo sich eine sehr bunte christliche Gruppe aus sozial unterschiedlichen Kreisen getroffen hat.
Die Botschaft des Auferstandenen entwickelte anfangs unter den mehrheitlichen Heidenchristen und auch Judenchristen eine starke Integration. Im Laufe der Zeit werden jedoch deutliche Konflikte spürbar: Parteiungen, Missstände im Gottesdienst, soziale Probleme, Diskussionen über die Aufgabenverteilung, eine Rivalität zwischen den Charismen und die Rolle der Frauen bringt Paulus deutlich zur Sprache.
Die Auseinandersetzung mit der Situation in Korinth und dem, was Paulus seiner Gemeinde ans Herz legt, kann uns heute in einer Welt des Wandels, der unterschiedlichen Lebensentwürfe und Vorstellungen, wie Christsein und Kirche gelebt werden will, Orientierung und Ermutigung geben.
Diese Spannungen gilt es, nicht zu verdrängen, sondern ihnen offen zu begegnen und im Dialog nach Lösungen zu suchen: „Wenn ihr zusammenkommt, trägt jeder und jede etwas bei …“ (1 Kor 14,26).
Es gilt, auch die Themen und Anliegen beim Namen zu nennen sowie die Emotionen nicht unter den Teppich zu kehren. An verschiedenen Stellen wird Paulus dabei sehr deutlich und seine Leidenschaft für ein Leben in der Nachfolge Jesu spürbar: „So begreift auch ihr euch“ – ‚endlich‘ möchte man einfügen – „als Menschen, die für die Sünde tot sind, aber für Gott leben in Christus Jesus“ (Röm 6,11). Das wird er dann den Christen in Rom von Korinth aus schreiben.
Eine Kultur des kreativen Streits um einen guten
Umgang mit Konflikten und Spannungen innerhalb
der Kirche ist notwendig.
Eine Kultur des kreativen Streits um einen guten Umgang mit Konflikten und Spannungen innerhalb der Kirche ist notwendig, wenn christliches Gemeindeleben sich nicht als kleine Gruppe von der Welt und dem gesellschaftlichen Mitgestaltungsauftrag zurückziehen will.
In allen Erschütterungen des christlichen Miteinanders erinnert Paulus in aller Deutlichkeit an die zentrale Mitte christlicher Existenz: Die Begegnung mit dem Auferstandenen, die durch Kreuz und Auferweckung gegebene Ausrichtung, die Öffnung für ein Leben in der Kraft des Heiligen Geistes, das Ernstnehmen der Berufung zur Freiheit eines Christen sind es, die Christinnen und Christen immer wieder neu entdecken und für ihr Leben fruchtbar machen müssen, damit sie einander und der Welt in Liebe dienen. Das ist in Korinth genauso aktuell wie heute in unseren Tagen
„Seid also wachsam, steht fest im Glauben, seid mutig, seid stark! Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Dieser Zuspruch von Paulus am Schluss des ersten Korintherbriefs (1 Kor 16,13–14) will und kann in der Gegenwart einen Weg weisen, wie die Freude und Glaubwürdigkeit der Christinnen und Christen trotz aller Spannungen und Unsicherheiten wachsen und Frucht bringen kann. Gemeinsam biblische Texte zu hören, zu lesen und zu diskutieren ist eine ideale Voraussetzung, um kraftvoll und offen die Botschaft des Auferstandenen zu leben.
Angebote zur Bibel
Das Bibelreferat der Erzdiözese Salzburg bietet 2024 wieder „Hebräisch für alle“ – mehr als nur ein Sprachkurs (Freitag, 9. bis Montag, 12. Februar in St. Virgil Salzburg) und den einjährigen Bibellehrgang an. Leitung: Margarita Paulus und Pfarrer Heinrich Wagner.
Am Freitag, 19. Jänner, 14 – 21.30 Uhr, findet ein Schnuppertag zum einjährigen Bibellehrgang „Der Zauber des Neuen Testaments“ in St. Virgil statt. Infos und Anmeldung: 0662/8047-2070 oder bibelreferat@eds.at
Im Zentrum des Linzer Bibelkurses steht wie in der Rupertusblatt-Serie „Bibel im Blick“ der erste Korintherbrief. In diesem Schreiben versucht Paulus Konflikte zu bewältigen, die in einer sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Vielfalt entstehen. Der Bibelkurs will das Potenzial heben, das darin liegt. Dabei blickt Paulus nicht nur auf die Gemeinde, ihre Spaltungen und Krisen, sondern immer wieder auf Chris-tus und stößt dabei auf den Leitspruch einer Gemeindegruppe: „Alles ist mir erlaubt! – Kann so eine Freiheit überhaupt gelebt werden?“
Der Bibelkurs findet ab 9. Jänner an verschiedenen Orten in der Diözese Linz sowie in der Diözese St. Pölten statt. Infos: www.dioezese-linz.at/bibelwerk/lbk24