Wer kennt es nicht, das sorgenvolle Gefühl, wenn man von Konflikten in der Familie, unter Freundinnen und Freunden oder nahestehenden Personen erfährt? Paulus muss es wohl ähnlich ergangen sein, als er in Ephesus über persönliche Kontakte von drohenden Spaltungen in der von ihm gegründeten Gemeinde von Korinth informiert wird. Zahlreiche brennende Fragen fordern Paulus heraus, in einem Brief eindeutig Stellung zu beziehen.
Es haben sich scheinbar Hierarchien eingeschlichen, die sich durch große Statusunterschiede – die meisten Gemeindemitglieder waren ungebildet und aus armen gesellschaftlichen Schichten – etablieren konnten.
So entstandene soziale Spannungen zeigten sich etwa in den Mahlfeiern, in denen die Wohlhabenden sich den benachteiligten Lohnarbeitenden, Sklavinnen und Sklaven und Freigelassenen gegenüber unsolidarisch verhielten.
Weiters erfahren wir von „Zungenrednern“, die in religiöser Ekstase unverständliche Worte stammelten. Diese Gruppe genoss hohes Ansehen und hielt sich auch selbst für etwas Besonderes. Solchen Spaltungstendenzen tritt Paulus entschieden entgegen, indem er von Charismen ausgeht.
Eine auf Christus gegründete Gemeinschaft kann
in den Augen des Paulus gar nicht anders als solidarisch
und wertschätzend handeln.
Unter „Charismen“ versteht Paulus von Gott geschenkte Gaben. Der Geist entscheidet, wem er welche Fähigkeiten zuteilt. Paulus zählt unterschiedliche Charismen auf und differenziert dabei in Gnadengaben, Dienste und Kräfte.
Gott schenkt allen etwas Wesentlich dabei ist, dass alle Gemeindemitglieder mit ihren je individuellen Charismen gleich wichtig und gleich viel wert sind und gemäß ihren Begabungen Aufgaben in der Gemeinde übernehmen. Das wesentliche Kriterium für ein Leben aus diesem Geist Gottes ist immer der Bezug zur Gemeinschaft: Alle Gnadengaben müssen erstens einem anderen nützen und zweitens dem Aufbau der Gemeinde dienen.
Um das Zusammenwirken der unterschiedlichen Charismen deutlich zu machen, bedient sich Paulus des Bildes von der Gemeinde als Leib mit seinen Gliedern. Diese Metapher ist in der damaligen Zeit weit verbreitet und wurde eingesetzt, um die römische Macht abzusichern und das Volk weiter zu harter Arbeit zu bewegen. Paulus deutet dieses Bild genau umgekehrt. Indem er gerade jenen, die geringes Ansehen haben, die gleiche Wichtigkeit im Zusammenwirken des Leibes zuspricht, stärkt er ihre Stellung in der Gemeinde.
Er spricht dabei vom „Leib Christi“, der durch alle Mitglieder, Frauen und Männer gleichermaßen, die Gemeinde aufbaut, ohne auf eine hierarchische Ämter- und Gemeindestruktur abzuzielen. Eine auf Christus gegründete Gemeinschaft kann in den Augen des Paulus gar nicht anders als solidarisch und wertschätzend handeln. An diese Klarstellungen über die Achtung der Unedlen und die Wertschätzung der Geringsten schließt inhaltlich kunstvoll komponiert nahtlos das „Hohelied der Liebe“ (1 Kor 13) an.
Die Gesprächsmethode Synodales Hören ermöglicht
allen nach der Gegenwart Gottes im Heute zu suchen.
Gerade in den letzten Monaten spielt der erste Korintherbrief wieder eine besondere Rolle, um Fragen und Probleme in der Kirche zu bearbeiten. Die noch dieses Jahr andauernde weltweite Bischofssynode greift in ihrem ersten Synthesebericht die paulinische Bildsprache explizit auf: „Die Laien, die geweihten Männer und Frauen und die geweihten Amtsträger … haben unterschiedliche Charismen und Berufungen empfangen und üben unterschiedliche Rollen und Funktionen aus, die alle vom Heiligen Geist berufen und genährt werden, um den einen Leib in Christus zu bilden. … Jeder Christ ist eine Sendung in dieser Welt.“
Dass die reale Umsetzung eines synodalen Miteinanders auf Augen- und Ohrenhöhe nicht so einfach zu verwirklichen ist, erfahren wir auf schmerzliche Weise, wenn wir uns die Konfliktfelder und den Bedeutungsverlust kirchlichen Wirkens in unseren Breiten vergegenwärtigen. Im Wissen um die vielen Stellen, an denen es in der Kirche krankt, gibt es doch einige Erfahrungen, die die Hoffnung auf ein gegenseitiges Hin- und Zuhören nähren. Die Gesprächsmethode „Synodales Hören“ eröffnet allen Teilnehmenden auf besondere Weise, nach der Gegenwart Gottes im Heute zu suchen.
Diese Art, sich im achtsamen Hören zu begegnen, ermöglicht durch ein tieferes Verstehen nächste gemeinsame Schritte. Sich als gleichwertige Glieder in dem einen Leib zu erleben, schließt an die frühen Erfahrungen der Kirche an und macht sichtbar: Das Hören auf den Geist Gottes wird Begegnungen und das Treffen von gemeinsamen Entscheidungen verändern.
Auch im Zentrum des Linzer Bibelkurses steht heuer der erste Korintherbrief. In diesem Schreiben versucht Paulus Konfklikte zu bewältigen, die in einer sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Vielfalt entstehen. Der Bibelkurs will das Potenzial heben, das darin liegt.
Infos: www.dioezese-linz.at/bibelwerk/lbk24
Bibel als Buch des Lebens und Glaubens
Noch bis 28. Jänner geht die von der Bibelwelt initiierte „Ökumenische Bibelwoche“. Sie verbindet im Raum der Euregio Salzburg – Berchtesgadener Land – Traunstein den „Sonntag des Wortes Gottes“, den die röm.-kath. Kirche am dritten Sonntag im Jänner feierte, mit dem schon seit 1982 am letzten Jänner-Sonntag in Deutschland errichteten „Ökumenischen Bibelsonntag“. Ziel ist es, im Geist der Ökumene die Bibel als Buch des Lebens und Glaubens erlebbar zu machen.
Das Programm gibt es unter www.bibelwelt.at/oekumenische-bibelwoche-2024
Ein Höhepunkt ist noch das biblische Theater „Josef und seine Brüder“, Schwarztheater, Salzburg-St. Severin, Freitag, 26. Jänner, 19 Uhr, Theatergruppe 42a Salzburg, Regie Heinrich Wagner.
Großer ökumenischer Gottesdienst am Samstag, 27. Jänner, 14.30 Uhr, Stiftskirche Laufen. Mit den Gläubigen feiern der Salzburger Erzbischof Franz Lackner sowie Rupert Graf zu Stolberg, Weihbischof für die Seelsorgeregion Süd im Erzbistum München-Freising, der evangelische Superintendent für Salzburg und Tirol, Olivier Dantine und Thomas Prieto Peral, Regionalbischof Kirchenkreis München-Oberbayern.