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War es eine Vorahnung? Als Engelbert Kolland im Jahr 1855 im Heiligen Land eintraf, konnte niemand vorhersehen, dass er dort mit fast 33 Jahren – im gleichen Lebensalter wie Jesus – den Märtyrertod erleiden sollte. Dennoch füllte sich sein Herz bereits bei der Ankunft in Jerusalem mit spirituellen Gefühlen. „Wenige Minuten später sah ich die Heilige Stadt. Bei diesem Anblick weinte ich wie ein Kind ... Bei dem Gedanken, dass in dieser Stadt mein Herr und Heiland auch für mich sein kostbares Blut vergossen hat, musste ich stille Tränen weinen. Schlag drei Uhr nachmittags, also um dieselbe Stunde, in der Jesus starb, war ich in den Gassen Jerusalems, und zwar zu Fuß. Wo Jesus sein schweres Kreuz getragen, wollte ich auch zu Fuß gehen“, schrieb er in einem Brief in die Heimat.
P. Engelberts darauf folgendes Wirken als Seelsorger und Missionar in Damaskus war geprägt von christlicher Nächstenliebe und franziskanischen Werten. Die dortige Bevölkerung erlebte ihn nicht nur als Verkünder des Wortes Gottes, sondern vor allem als Helfer der Armen und Kranken, als Botschafter der Gewaltlosigkeit, als „guten Hirten, Priester, Freund und Bruder“, wie es der Priester und Autor Johannes Laichner in einem Buch über seinen Tiroler Landsmann beschreibt.
Als die Christenverfolgung im Zuge der Drusenaufstände im Jahr 1860 vor den Toren des Paulus-Klosters in Damaskus angekommen ist, beschließen die dortigen acht Franziskanerbrüder und drei maronitische Laien-Christen trotz der Todesgefahr zu bleiben. Im Zuge eines Massakers am 9. und 10. Juli, das letztlich etwa 8.000 Christen das Leben kostet, werden auch Engelbert Kolland und seine Mitbrüder angegriffen und ermordet. „Haltet durch und bleibt dem christlichen Glauben und den Ordensgelübden treu“, ermuntert Pater Guardian Emmanuel Ruiz zuvor die Klostergemeinschaft mit flammenden Worten, diese schwere Prüfung mit Mut und Gottvertrauen zu bestehen. Als die Angreifer ins Kloster eindringen, verlangen sie von jedem Einzelnen der Geistlichen, dem Glauben an Christus abzuschwören oder zu sterben. Alle weigern sich – und erleiden den Märtyrertod. „Ich bin ein Christ und will als Christ sterben. Schlagt zu“, sagt P. Emmanuel, das erste Opfer unter den Franziskanern, vor dem tödlichen Axthieb. „Wenn ich tausend Mal den Tod erleiden müsste, ich würde meinen Herrn nie verraten“, sind die letzten Worte von P. Nicola Alberca, dem jüngsten Opfer.
P. Engelbert Kolland versucht zunächst über die Dächer ins benachbarte Haus einer christlichen Familie zu fliehen, wird aber bald entdeckt und umringt. Er fragt einen der aufgebrachten Männer: „Freund, was habe ich dir getan, dass du mich töten willst?“ Dieser entgegnet verblüfft: „Nichts, aber du bist Christ!“
Dreimal wird er aufgefordert, seinem Glauben abzuschwören, doch seine Antwort ist klar und deutlich: „Ich bin ein Christ, ich bleibe ein Christ. Noch mehr, ich bin ein Diener Christi, Priester der katholischen Gemeinde hier.“ Dreimal trifft ihn die Axt, der dritte ist der tödliche Schlag.
Wie bei anderen großen Glaubensgestalten zeige sich beim demnächst Heiligen eine menschliche Seite, sagt der österreichische Franziskanerprovinzial P. Fritz Wenigwieser: „Er ist zunächst vor den Häschern geflüchtet. Engelbert Kolland hat das Martyrium nicht gesucht, sondern folgt zunächst dem Überlebenstrieb. Aber er kommt zum Punkt, an dem er nicht mehr auskommt – und dann bezeugt er den Glauben.“
tom/kap
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