Wer schon einmal einen Bachwürfel aus der Konditorei Fürst in Salzburg gekostet hat, weiß: er steht in Geschmack und Vielschichtigkeit der berühmten Mozartkugel um nichts nach. „Der Bachwürfel war eigentlich ein Scherz zu J. S. Bachs 300. Geburtstag im Jahr 1985“, erinnert sich Virgil Hartinger, Tenor und Leiter der Salzburger Bachgesellschaft an die Entstehung. „Im Vergleich zu Mozart wird Bach immer als eckiger und kantiger wahrgenommen.“ Der süße Würfel schmeckte so gut, dass es ihn bis heute gibt.
In diesem Punkt lässt sich der Bachwürfel auch auf die Musik umlegen. „Jeder Supermarkt der nobel wirken will, lässt im Hintergrund zum Beispiel Musik von Vivaldi rieseln und die Leute denken sich ‚so eine schöne Musik‘“, sieht der Fachmann die barocke Musik missverstanden, denn: „Barocke Stücke sind nicht einfach nur schön, sie sind voller Dramatik, mit Ecken und Kanten.“ Zur Zeit ihrer Entstehung hätte das Publikum, das was der Komponist über die Musik mitteilen wollte, intuitiv verstanden. „Bei Bach geschehen Verkündigung und Predigt über Klangsprache, wir sind froh, dass in der katholischen und evangelischen Kirche die Instrumente nicht abgeschafft wurden“, sagt Hartinger. Mit der Salzburger Bachgesellschaft will er Barockmusik lebendig halten. Das geht für ihn nur auf Originalinstrumenten, denn auf modernen Instrumenten kann die Musik nicht ihren vollen Ausdruck entfalten.
Überzeugen kann man sich von der Klangqualität in der kommenden Konzertsaison. Als „nicht-kirchliche“ Anbieterin von Kirchenmusik setzt die Salzburger Bachgesellschaft mit dem Collegium Vocale wieder auf das beliebte Weihnachtsoratorium und die Johannespassion in der Fastenzeit. Den Auftakt aber machen „The Queen‘s Six“ am 24. Oktober. Normalerweise singen sie im Auftrag von King Charles III. täglich in der St. Georges Chapel. Im November stehen unter dem Titel „Bohemian Baroque“ Vesperpsalmen auf dem Programm.
Um sich barocker Musik zu nähern, empfiehlt Virgil Hartinger: „Ohren auf und mit Fantasie rangehen, dann nimmt man ein Rufen oder ein Flüstern wahr, Fragen und Antworten. In unserer lauten Zeit sind wir das Weghören gewohnt. Wir wollen Musik zum Hinhören schaffen und Stunden der Achtsamkeit schenken.“
Mit seinem Anliegen wendet er sich auch gezielt an Kinder. „Sie verstehen die barocke Klangsprache eben noch intuitiv.“ Ein neues Team, ein frischeres Design und mehr Möglichkeiten die Konzertsaisonen zu planen, helfen bei der Nachwuchsförderung. „Bei uns singen Kinder für Kinder“, freut sich Hartinger, dass er den Salzburger Domkapellknaben und -mädchen in Kinderkonzerten eine Bühne bieten kann.
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