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Der Altersunterschied zwischen den zwei Ge-schwister-Klöstern könnte nicht größer sein. Ein Blick hinter die Klosterkulissen lohnt sich.
Das eine Kloster – die Erzabtei Sankt Peter – wurde im 7. Jahrhundert vom heiligen Rupert gegründet. „Was genau ihn zur Gründung bewegt hat, wissen wir nicht. Aber es war bestimmt eine Sehnsucht zu missionieren da“, sagt Erzabt Korbinian Birnbacher zu den Anfängen der Benediktiner, die mithalfen, Europa aufzubauen. Die ersten Mönche leisteten Aufbauarbeit, Kulturarbeit, Missionsarbeit. Sie hinterließen Spuren, gründeten Kirchen und stellten so das Christentum auf eigene Beine.
1.270 Jahre später wurde auch ein Benediktinerkloster gegründet. Andere Zeiten und andere Beweggründe standen im Fokus des Aufbaus des Europaklosters Gut Aich in St. Gilgen: „Es war damals an der Zeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen und einen Beitrag für ein friedliches Europa zu leisten. Unser Auftrag ist es, für die Menschen seelsorglich da zu sein, mit den Menschen nach Wegen des Friedens zu suchen“, sagt Bruder Thomas Hessler, der Leiter des Europaklosters.
Die Aufgabe ein jahrhundertealtes „Traditionsunternehmen“ zu leiten, nennt Korbinian Birnbacher ein „unglaubliches Erbe, das ich mit einer gewissen Verantwortung weitertragen und weiterentwickeln darf“. Für den Erzabt von Salzburg geht es in erster Linie „um’s Hinhören auf die Menschen. Wir lassen uns inspirieren – so dürfen wir auch wachsen und weitergehen“, und er ergänzt: „Jede Zeit hat ihre Fragen. Jede Zeit hat ihre Herausforderungen. Bestand hat das, was Gottes Wille ist.“ Als 88. Abt des Stiftes Sankt Peter sehe er sich selbst als Steinchen im Mosaik, und nennt es einen „Glücksfall, dass wir die Zeit der Napoleonischen Kriege und der Säkularisation im 18. Jahrhundert überlebt haben“. Er habe das sichere Gefühl, „dass wir weiterhin Zeugen des Evangeliums sein werden, auch wenn es vielleicht anders aussehen wird.“
Beide Ordensmänner leben in ihrer Gemeinschaft nach der Regel des heiligen Benedikt, die im 6. Jahrhundert geschrieben wurde. Wie aktuell kann eine Regel sein, die mehr als 1.000 Jahre alt ist? Die Antwort kommt unisono: „Sehr aktuell“. Erzabt Korbinian erklärt: „Benedikt hat die Regel so formuliert, dass sie offen ist. Seine Worte sind nicht in Marmor gemeißelt.“ Der heilige Benedikt ermu-
tigt, selbst weiter zu denken und offen zu sein. Und gleichzeitig ist ihm die Beständigkeit wichtig, so dass man die Orientierung nicht verliert. Das sei auch der Grund, warum es die Regel heute noch gibt.
Ein zweiter wichtiger Aspekt in der Regel sei, dass Benedikt von Anfang an mit dem Schwachen und den Schwächen rechnet. Diese Wertschätzung den Armen und Schwachen gegenüber sei ganz wesentlich. „Benedikt sagt: Macht es miteinander“, ergänzt Bruder Thomas Hessler. Gerade in Zeiten, in denen wir eher eine Tendenz zum Individualismus haben, sei dieser Ratschlag „arbeitet miteinander, betet miteinander, redet miteinander … ganz wesentlich“.
„Der heilige Benedikt hat die Menschen in ihrer Schwachheit und ihren Abgründen gut gekannt, aber er hat die Menschen auch nie aufgegeben. Im Gegenteil, er bemüht sich das Pflänzchen zu hegen und zu pflegen – mit Humus und Mist groß zu machen“, erzählt Erzabt Korbinian Birnbacher. „Und auch mit viel Humor – denn es braucht auch Wasser“, ergänzt Bruder Thomas Hessler.
Um das Leben wieder richtig zu spüren, müsse man hin und wieder „so richtig in den Dreck langen“, sind sich die beiden Ordensmänner einig. So kommt es, dass Bruder Thomas den Komposthaufen im Europakloster Gut Aich als den wertvollsten Ort im Kloster bezeichnet. Das sei einerseits pragmatisch aus gartentechnischen Gründen zu erklären, weil Kompost Nährstoffe, Energie und Kraft liefere. Aber auch im übertragenen Sinne: „Wir Klöster sollten Orte sein, an denen die Menschen ihren Mist abladen können. Mist ist aber gleichzeitig der Nährboden fürs Wachstum. Und mit Mist umzugehen, braucht auch Erfahrung.“
„Klöster sollen auch Andersorte sein“, sagt Erzabt Korbinian und bezieht sich auf die Hektik und den Stress der Gegenwart, oft auch bedingt durch radikale Veränderung der Kommunikationsmittel in den vergangenen Jahren. „Viele Menschen, die zu uns kommen, sagen, ‚bei euch ist die Zeit stehengeblieben.‘ Damit ist aber nicht gemeint, dass wir nicht modern oder zeitaffin sind“, erzählt er und betont: „Wichtig ist, wie ich die Zeit bewerte und was ich ihr einräume.“
Die beiden Benediktiner sind äußerlich sehr unterschiedlich: der eine im schwarzen langen Habit, der andere im weißen „Pullover-Habit“. Das hat rein praktische Gründe, klärt Bruder Thomas Hessler auf. „Weiß für Benediktiner ist nicht so vertraut, aber es gibt auch weiße Benediktiner. Und wir haben uns für das ‚kleine Weiße‘ entschieden.“ Das ist eine Art weißer Kapuzen-Pulli und eine normale Alltagshose. Zu Festen oder Messen kommt der lange weiße Habit ins Spiel. Erzabt Korbinian trägt den für Benediktiner üblichen langen schwarzen monastischen Habit.
Auch diese Verschiedenheit und Offenheit sind benediktinisch. „Heute würde man das Diversität nennen – je diverser Strukturen sind, desto lebensfähiger und beständiger sind sie“, so Bruder Thomas Hessler. Die Aufnahme des jüngsten Benediktinerklosters, die auch noch so anders aussehen, in die Kongregation der Benediktiner vergleicht er scherzhaft: „Die Mutterkühe haben das junge Kalb wohlwollend in ihre Mitte genommen. Wir Mönche und unsere Klöster unterscheiden uns vielleicht äußerlich, aber die Innenseite ist ähnlich.“
Immer wieder hört man von Nachwuchsmangel in Ordensgemeinschaften. Ist die Lebensform in einem Kloster noch attraktiv? Erzabt Korbinian Birnbacher ist überzeugt: „Ordensleben ist auf jeden Fall eine attraktive Lebensform. Es ist kein Mehrheitsprogramm, aber diejenigen, die es entdeckt haben, finden das super, weil sie hier die Chance haben, Christ sein zu (er)leben.“ Bruder Thomas Hessler stimmt dem zu: „Das Kloster bietet einen guten Rahmen, die Sehnsucht nach Gemeinsamkeit zu pflegen. Wir schaffen Zugangsmöglichkeiten zur Kirche, die von der Alltagswirklichkeit oft schon weit weg ist.“
Renate Magerl/Daniela Pfennig
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