Salzburg/Linz. „Wenn man Leute fragt, ob sie sich an den Inhalt der Lesungen und des Evangeliums im Gottesdienst erinnern können, dann tun sie sich oft schwer“, sagt Reinhard Stiksel. Der Leiter des Katholischen Bibelwerks in Linz ist sich sicher: Dahinter steckt nicht selten die deutsche Übersetzung der biblischen Texte – diese sei oft nicht zeitgemäß und würde wenig greifbare Begriffe verwenden.
Auf der Suche nach einer gut verständlichen Übersetzung stieß Stiksel vor einiger Zeit auf „Das Neue Testament für Menschen unserer Zeit“ von Albert Kammermayer – ein Werk, das allerdings schon seit langem vergriffen ist. „Ursprünglich wollten wir vom Bibelwerk diese Übertragung aktualisieren und neu auflegen. Aber seit sie vor einigen Jahrzehnten erschienen ist, hat sich viel getan. Der Stand der biblischen Forschung ist ein ganz anderer und auch die Sprache hat sich verändert“, erzählt Stiksel, der in Salzburg Theologie studiert und auch promoviert hat.
So stand schlussendlich fest: Eine neue Übersetzung muss her – sprachlich so gut aufbereitet, dass Leserinnen und Leser ohne große Vorbildung einen Zugang zum Text finden können. Gemeinsam mit Franz Kogler, dem ehemaligen Leiter des Bibelwerks, stand Stiksel einem 20-köpfigen Team vor; darunter nicht nur Neutestamentler, sondern auch kluge Köpfe, die völlig unbedarft die neuen Übersetzungen auf ihre Tauglichkeit prüfen sollten.
Sperrige Fremdwörter sollten weichen, gleichzeitig wollte das Team gerade bekannte Stellen wie das Weihnachtsevangelium sprachlich nicht zu sehr verändern. Eine große Herausforderung bei der Arbeit: Jede Änderung bei den synoptischen Evangelien, also bei Markus, Matthäus und Lukas, zieht manchmal bis zu 100 weitere Änderungen an anderen Stellen nach sich.
„Im Hintergrund stand für unser Team immer die Frage, was der Autor der jeweiligen Stelle in seiner Zeit mit gewissen Ausdrücken gemeint hat, denn jede Übersetzung ist immer auch Interpretation.“ Als Beispiel nennt Reinhard Stiksel Paulus: „Er verwendet oft das griechische Wort ‚parakaleo‘. Traditionell wird dies mit ‚ermahnen‘ übersetzt, jedoch ist ‚ermuntern‘ genauso eine Möglichkeit. Was sich aber je nach Verwendung ändert, ist die Stimmung des Textes. Da haben wir genau geschaut, wann wir dieses Wort wie übersetzen.“
Das Resultat unzähliger intensiver Arbeitsstunden heißt: „Das Neue Testament. Übertragen in die Sprache unserer Zeit“. Nicht nur fachlich, auch in Sachen persönlicher Glaube hat Reinhard Stiksel viel von dem Projekt mitgenommen. „Das war eine der intensivsten Zeiten überhaupt für mich – schon alleine deswegen, weil ich mich noch nie zuvor so sehr mit der Fülle des gesamten Neuen Testaments beschäftigt habe.“
Und wenn der in Köstendorf lebende Theologe abgesehen vom Werk seines eigenen Teams eine Bibelübersetzung empfehlen müsste? „Die revidierte Einheitsübersetzung ist natürlich ein guter Text, der sich stärker am Wortlaut des Originals orientiert. Die Zürcher Bibel gefällt mir da auch sehr gut, weil die Textgenauigkeit groß ist. Die Elberfelder Bibel ist zwar für das Lesen am Nachtkastl oft komplex, aber insgesamt sehr gut übersetzt. Viele Menschen kommen mit der Basisbibel wunderbar zurecht. Letztendlich ist es aber wichtig, etwas zu finden, womit man sich selbst auch wohl fühlt.“
TIPP
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