RB: Die seit zwei Jahren laufende Weltsynode geht in eine entscheidende Phase. Herr Erzbischof, Sie sind einer von drei Teilnehmern aus Österreich. Mit welchen Erwartungen, Hoffnungen oder Wünschen fahren Sie nach Rom?
Erzbischof Franz Lackner: Der Synodale Prozess ist ein großes Bemühen auf das zu hören, was die Gläubigen beschäftigt, welche Sorgen und Nöte, aber auch Sehnsüchte sie bewegen. Dieses Hinhören hat weltweit stattgefunden. Nun geht es darum, uns als Kirche in die Weltsynode einzubringen. Ich wünsche mir, dass die Synode als jener geistliche Prozess gelingen möge, als den der Papst ihn ausgerufen hat.
RB: Wie hat Ihre Vorbereitung auf die Versammlung ausgesehen?
Erzbischof Lackner: Die synodalen Etappen sind in sich ja bereits Vorbereitungen gewesen. Es gab den diözesanen Fragebogen, auf den über dreitausend Antworten eingingen. Auch haben wir die Methode der Anhörkreise etab-
liert. Ich war mittlerweile bei etwa sechzig solcher Kreise dabei. Darauf folgte dann die diözesane Versammlung, hernach die kontinentale Phase, wo wir in Prag mit Synodalen aus ganz Europa zusammenkamen. Aus den verschiedenen kontinentalen Versammlungen wurde das Arbeitsdokument, das „Instrumentum laboris“ erstellt, mit dem ich mich nun natürlich intensiv beschäftige.
RB: Gibt es etwas, das Sie an diesem Arbeitspapier überrascht hat?
Erzbischof Lackner: Ich finde daran beachtlich, dass die Themen auf der ganzen Welt ähnlich gelagert sind, die Darlegung aber bisweilen sehr unterschiedlich ausfällt. Ein Novum ist auch, dass ein großer Teil des Dokuments aus Fragen besteht. Das Instrumentum laboris ist also kein „Forderungskatalog“, es lädt im Gegenteil zur Diskussion und Betrachtung ein.
Wir müssen andockfähig sein – dürfen nicht mit hundertprozentigen Antworten ins Gespräch gehen.
RB: Die drei Säulen, um die es geht, sind Synodalität, Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe – was ist Ihnen besonders wichtig?
Erzbischof Lackner: Von zentraler Wichtigkeit ist die Unterscheidung im Licht des Heiligen Geistes, darauf weist der Papst immer wieder hin. Es gilt auch hier, was ich schon oft gesagt habe: Wir müssen als Personen, als Pfarre, als Diözese andockfähig und ergänzungsbedürftig sein und dürfen nicht mit hundertprozentigen Antworten in das Gespräch gehen. Wir neigen oft dazu, mit „Fertigteilen“ daherzukommen – was aber, wenn diese dann nicht zusammenpassen?
RB: Im Vorfeld meldeten sich bereits kritische Stimmen, da die Synode ohne Medienbeobachtung stattfinden soll. Widerspricht das nicht einer Öffnung der Kirche zur Gegenwart? Wie stehen Sie dazu?
Erzbischof Lackner: Die Synode wird natürlich auch medial begleitet. Papst Franziskus hat hierfür den Weg einer Kommission gewählt, die regelmäßig Updates liefern soll. So kann die Möglichkeit des offenen Gesprächs gewahrt werden.
Dem Papst ist wichtig, die Synode als einen religiösen Prozess, einen Weg des Gebets zu bewahren. Eine tagtägliche Berichterstattung ähnlich wie bei einer Parlamentssitzung würde zu Druck von außen führen. Solchen Druck haben wir bei der Amazonassynode rund um die Frage der viri probati erlebt.
Wir laden alle Gläubigen auf der ganzen Welt ein, für diese Synode zu beten.
Ich möchte hier um Verständnis bitten: Die Versammlung braucht eine Offenheit auf den Heiligen Geist hin. Er ist der „Protagonist“, wie der Papst oft sagt, er ist zuweilen die dritte Option. Ein Impuls von oben, wie ein Trainer am Spielfeldrand. Die Synode bedarf überdies des Gebets aller, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Aula. Daher laden wir auch alle Gläubigen auf der ganzen Welt ein, für diese Synode zu beten.
RB: Es wird immer wieder die Unterscheidung von Kirche und Welt betont. Ein Parlament unterscheide sich von einer Synode, sagte Papst Franziskus erst kürzlich bei seiner „fliegenden Pressekonferenz“ auf der Rückreise aus der Mongolei. Was macht für Sie den Unterschied aus?
Erzbischof Lackner: Die Kirche ist sowohl synodal als auch hierarchisch. Christlicher Glaube ist Offenbarungsglaube, er kommt vom Hören (vgl. Röm 10,17). Mit einem tagespolitischen Herangehen erreicht man zwar Mehrheiten, die sich aber nach Belieben ändern können – und damit auch Verlierer. Darum bitten wir für die Synode um den Beistand des Heiligen Geistes. Bei Gott gibt es in letzter Konsequenz keine Verlierer.
RB: Im Oktober 2024 kommen die Synodalen zu einer zweiten Runde zusammen. Dann werden sie über Vorschläge abstimmen, die sie dem Papst zur finalen Entscheidung vorlegen. Wird die Kirche danach noch die gleiche sein?
Erzbischof Lackner: Es heißt, die Kirche müsse sich stets erneuern – ecclesia semper reformanda. Um es mit einem Bild zu erklären: Eine Quelle muss Fluss werden, sonst würde sie vor Ort versiegen. Dies geschieht durch Zuflüsse. Die Quelle ist Christus, ist der Glaube, die Zuflüsse sind unsere zeitbedingten Glaubenserfahrungen. Wir müssen von der Quelle aus in die Welt blicken, uns von der Welt berühren und betreffen lassen, uns auch immer neu von Gottes Wort betreffen lassen.
Die Treue zur Herkunft allein reicht nicht aus – es braucht auch das Hineinwirken in die Welt von Heute. Insofern wird Kirche sich ändern – in ihrem Wesen aber wird sie dieselbe bleiben, wie auch Christus derselbe bleibt.
Synode in Rom
Drei Namen aus Österreich
Mehr als 490 Namen finden sich auf der Teilnehmer-Liste für die Synodenversammlung. Unter ihnen sind 365 stimmberechtigte Mitglieder („membri“) und auch 61 als Experten berufene theologische Beraterinnen und Berater ohne Stimmrecht. Aus Österreich sind Kardinal Christoph Schönborn (78) und der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Franz Lackner (67) Mitglieder der Synode. Im Kreis der nicht-stimmberechtigten Expertinnen und theologischen Beraterinnen ist die Pastoraltheologin Klara-Antonia Csiszar (42), die als Professorin für Pastoraltheologie an der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz sowie an der Babes-Bolyai-Universität in Cluj-Napoca in Rumänien lehrt.
Kardinal Christoph Schönborn zählt sicher zu jenen mit der größten Erfahrung: Er nimmt zum achten Mal an einer Synodenversammlung in Rom teil. Er betont: „Es geht darum, einander mit Respekt zuzuhören, sich gegenseitig willkommen zu heißen, zu einer Unterscheidung zu gelangen, zu verstehen, was Gottes Wille ist.“ Die Theologin Klara-Antonia Csiszar hat einen grenzübergreifenden Blick auf die Kirche in europäischen Ländern in Ost und West. Sie erhoffe sich von den Synodenmitgliedern unter anderem „mutige Vorschläge“ dafür, „wie wir als missionarische Kirche interessant für die Menschen bleiben können“.
kap
Beten für die Synode
Am 29. September reist Erzbischof Franz Lackner zur Synode nach Rom. Damit diese Tage der Beratung ein fruchtbarer geistlicher Prozess werden, bittet er um inständiges Gebet. Unter www.eds.at finden Sie Gebete sowie eine von der Erzdiözese Wien gestaltete Novene.
Die „Junge Kirche“ der Erzdiözese schließt sich dem Papstgebet in Rom am Samstag, den 30. September an: Christinnen und Christen aller Konfessionen sind aufgerufen, um 18 Uhr zu einem ökumenischen Abendgebet für die Weltsynode in die Salzburger Kollegienkirche zu kommen.
Bereits am Freitag, 29. September, 19.30 Uhr, lädt die Stiftung Pro Oriente in St. Markus (Salzburg) zum ökumenischen Abendgebet mit Gesängen aus Taizé und den Ostkirchen ein.
Synodengebet
Wir stehen vor dir, Heiliger Geist,
in deinem Namen sind wir versammelt.
Du, unser wahrer Ratgeber:
komm zu uns,
steh uns bei,
kehre ein in unsere Herzen.
Lehre uns, wohin wir gehen sollen;
zeige uns, wie wir das Ziel erreichen können.
Bewahre uns davor,
als schwache und sündige Menschen
die Orientierung zu verlieren.
Lass nicht zu,
dass Unwissenheit uns auf falsche Wege führt.
Gib uns die Gabe der Unterscheidung,
dass wir unser Handeln nicht von Vorurteilen und falschen Rücksichten leiten lassen.
Führe uns in dir zur Einheit,
damit wir nicht vom Weg der Wahrheit
und der Gerechtigkeit abkommen,
sondern auf unserer Pilgerschaft
dem ewigen Leben entgegenstreben.
Das erbitten wir von Dir,
der du zu allen Zeiten und an allen Orten wirkst, in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
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