Aktuelles E-Paper
Vatikan. Die 346 abstimmenden Teilnehmenden, unter ihnen mehr als 200 Bischöfe und etwa 50 Frauen, stimmten mit einer sehr breiten Mehrheit für die Prüfung theologischer und kirchenrechtlicher Veränderungen, die in einem nächsten Schritt konkrete Reformen ermöglichen. Die zweite Sitzung der Welt-Synode ist für Oktober 2024 geplant.
In dem veröffentlichten Text, der auf knapp 40 Seiten in Form eines Syntheseberichts die Beratungen der ersten Session der Synode zusammenfasst, wird der „Konsens der Gläubigen“ als ein Kriterium für Glaubensfragen genannt. Ausdrücklich befürwortet die Synode das Bemühen um eine veränderte Sexualmoral sowie um eine verständliche und geschlechtergerechte Sprache bei Gottesdiensten. In der Frage des Zugangs von Frauen zu kirchlichen Weiheämtern hält die Synode unterschiedliche Meinungen fest, die nicht in einen Konsens mündeten. Zu den verabschiedeten Vorschlägen der ersten Session zählt im Sinne einer Dezentralisierung die Stärkung nationaler und kontinentaler Bischofsversammlungen. Ferner soll die kirchliche Basis künftig stärker an Bischofsernennungen beteiligt werden.
Mit sehr großer Mehrheit befürwortet die Synode die Überwindung von Rassismus in der Kirche, einen Bruch mit dem Kolonialismus früherer Jahrhunderte und den Abbau von Klerikalismus und Machismo. Außerdem bekennt sich die Versammlung nachdrücklich zur kulturellen Vielfalt innerhalb der Kirche. Die Verfolgung des sexuellen Missbrauchs von Klerikern soll dem Votum zufolge künftig nicht mehr allein in der Hand von Bischöfen liegen.
Um neue Formen der Entscheidungsfindung in der bislang hierarchisch von oben nach unten organisierten Kirche zu ermöglichen, votierte die Synode für eine grundlegende Änderung des Kirchenrechts. Eine Kommission von Theologen und Kirchenjuristen soll dazu bis zur nächsten Phase der Welt-Synode im Oktober 2024 die notwendigen Klärungen herbeiführen.
Alle Punkte erhielten eine Mehrheit von mindestens 80 Prozent der abgegebenen Stimmen. Erforderlich war lediglich eine Zweidrittelmehrheit. Die meisten Gegenstimmen (19,9 Prozent) erhielt der Absatz, in dem es um die Einführung des Frauendiakonats geht. Bei der aktuellen Synode hatten erstmals Nicht-Bischöfe, unter ihnen auch Frauen, in größerem Umfang ein Mitsprache- und Stimmrecht. Die im Schlussbericht in 20 Punkten mit jeweils etwa 15 Unterpunkten aufgelisteten Ergebnisse und Vorschläge wurden einzeln abgestimmt. Laut Synodenordnung gelten nur immer nur Punkte als angenommen, die eine Zweidrittelmehrheit an Ja-Stimmen erhalten. Enthaltungen sind nicht möglich.
Bei einem großen Gottesdienst im Petersdom zum Abschlusss der Synode sagte Papst Franziskus, die „große und immerwährende Reform“ liege darin, eine anbetende Kirche zu sein, die der verwundeten Menschheit dient und „die Zerbrechlichen, Schwachen und Ausgestoßenen auf ihrem Weg begleitet und den Ärmsten liebevoll begegnet“. Mit Blick auf den Fortgang des weltweiten synodalen Prozesses sagt der Papst: „Heute sehen wir noch nicht die ganze Frucht dieses Prozesses, aber wir können mit Weitsicht auf den Horizont blicken, der sich vor uns auftut: Der Herr wird uns leiten und uns helfen, eine synodalere und missionarischere Kirche zu sein, die Gott anbetet und den Frauen und Männern unserer Zeit dient und hinausgeht, um allen die tröstliche Freude des Evangeliums zu bringen.“ kap
Stimmen zur Synode
„Die erste Welt-Versammlung der Synode über Synodalität im Vatikan hat Wege in Richtung echter Reformen geöffnet und das ist im Blick auf den Reformstillstand der vergangenen mehr als 40 Jahre in der katholischen Kirche einiges.“
KAÖ-Präsidiums-Team Ferdinand Kaineder, Brigitte Knell und Katharina Renner
„Wenn die Synode sagt, dass bisherige Formulierungen in der kirchlichen Lehre vom Menschen hier nicht mehr ausreichen, und dass sie sich an diesem Punkt, auch mit Unterstützung aus der Wissenschaft, weiter bewegen muss, dann ist das ein enormer Schritt nach vorne.“
Bischof Georg Bätzing,
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
„Mit dem mit überwältigender Mehrheit beschlossenen Synthesepapier der vierwöchigen Beratungen liegt eine Roadmap für die Kirche für die Zeit bis zur nächsten Synode im Herbst 2024 und weit darüber hinaus vor. Ich nehme aber von der Synode nicht zuerst ein Papier, sondern vor allem die Erfahrung eines Miteinanders mit nach Hause, wie ich es schon lange in der Kirche nicht erlebt habe. Wenn man sich wirklich darauf einlässt, aufeinander zu hören, miteinander zu reden, dann kann Frieden geschehen.“
Kardinal Christoph Schönborn, Wiener Erzbischof
„Manche bei uns mögen es belächeln: Aber es war ein Sprung nach vorn, dass in der Synodenaula viele Tische für Kleingruppen standen, an dem Frauen und Männer mit Bischöfen und Kardinälen saßen und auf Augenhöhe miteinander berieten.“
Paul M. Zulehner, Wiener Theologe
Aktuelles E-Paper