RB: Sie kehren nach vier Synodenwochen nach Salzburg zurück – mit welchen Eindrücken?
Erzbischof Franz Lackner: Es war durch die gewählte Methode eine ganz neue und befreiende Erfahrung, ein wirklicher geistlicher Prozess und Austausch, in den der Heilige Geist ganz bewusst mit hineingenommen wurde – doch nicht als bekannte, fixe Größe, sondern als Moment der Überraschung. Der Eindruck der versammelten Weltkirche war wirklich überwältigend. Gerade die Form der Gespräche habe ich auch als persönlich bereichernd empfunden: Aufmerksam zuhören, dem Gesagten Raum geben, nicht sofort dagegenreden. In der Synodalität gibt es keine hundertprozentigen Antworten.
RB: Wie haben Sie Papst Franziskus erlebt?
Erzbischof: Das Ausrufen dieser Synode habe ich als einen prophetischen Schritt von Papst Franziskus empfunden. Nun konnte er das Werden, das Konkrete dieses Prozesses selbst erleben. Ich habe ihn voller Freude und bei guten Kräften erlebt, es war für ihn eine große Bereicherung, diese Versammlung zu sehen. Bei einer persönlichen Begegnung konnte ich ihm Honig von den Bienenvölkern im Garten des Bischofshauses und Mozartkugeln überreichen, worüber er sich herzlich gefreut hat. Der Papst hat mich und unsere ganze Diözese auch gebeten, immerzu für ihn zu beten – diese Bitte möchte ich unterstreichen. Beten wir für unseren Heiligen Vater und für sein Pontifikat.
RB: Gab es bei kontroversen Themen auch ein Ringen?
Erzbischof: Freilich wurde mitunter viel diskutiert, aber entscheidend war: Es konnte ganz offen geredet werden. Dazu hat uns Papst Franziskus ja auch immer wieder ermutigt.
RB: Erstmals waren bei einer Bischofssynode Frauen stimmberechtigt. Wie haben Sie die aufgewertete Rolle von Frauen und insgesamt von Laien wahrgenommen?
Erzbischof: Ich habe diese Beteiligung schon bei den bisherigen synodalen Etappen als eine sehr glückliche Entwicklung erlebt. Die gleichberechtigte Stimme von Laien, Frauen und Männern hilft uns Bischöfen, auf den Glaubenssinn des gesamten Volkes Gottes zu hören. Eine wirkliche Bereicherung, die zweifellos auch weitergehen wird.
RB: Während die Synode hinter verschlossenen Türen tagte, haben Interessensgruppen bewusst öffentlich zu Veranstaltungen eingeladen. Gab es hier Berührungspunkte?
Erzbischof: Ich habe öfter ganz spontan Menschen und verschiedene Gruppen getroffen, aber von direkten Überschneidungen habe ich nichts bemerkt. Die „verschlossenen Türen“ haben einen ehrlichen und offenen Austausch ermöglicht, ohne Einmischungen oder mögliche Manipulationen.
RB: Wie bewerten Sie den Abschlussbericht?
Erzbischof: Der Bericht enthält keine fertigen Antworten, eher ist er eine Richtungs-angabe dafür, wie wir als synodale Kirche weitergehen wollen. Die Themen sind aber alle klar benannt. Wir sind noch immer auf dem Weg, aber wir gehen ihn nicht allein.
RB: Kardinal Christoph Schönborn sagte, man dürfe „nicht erwarten, dass morgen alles anders ist“. Was können wir erwarten, bis es im nächsten Jahr zur zweiten Versammlung im Vatikan kommt?
Erzbischof: Für Konkretes ist es noch zu früh. Ich habe dieser Tage schon einmal gesagt: Wir sind mitten in einem Marathonlauf – bei Kilometer 15 kann ich noch nichts über die komplette Strecke von 42 Kilometern sagen. Jetzt kehren wir zurück in unsere Diözesen und werden mit den Menschen ins Gespräch kommen, zuhören und unterscheiden. In den kommenden Tagen werde ich mich mit dem diözesanen Synodenteam zusammensetzen und beraten, welche Schritte folgen sollen. Ähnlich wird es dann nächste Woche bei der Bischofskonferenz sein. Das so Gesammelte werden wir dann nächstes Jahr wieder nach Rom tragen. Vielleicht wird es manche Enttäuschung über nicht erfüllte Erwartungen geben, aber ich bitte um Geduld und darum, dem Heiligen Geist weiterhin Raum zu geben – bei Gott gibt es keine Verlierer.
Weltsynode
Nach vierwöchigen Beratungen hat die in Rom tagende „Welt-Synode zur Synodalität“ Grundlagen für mögliche künftige Kirchenreformen beschlossen. Die 346 Teilnehmer, unter ihnen mehr als 200 Bischöfe und etwa 50 Frauen, stimmten mit einer sehr breiten Mehrheit für die Prüfung theologischer und kirchenrechtlicher Veränderungen, die in einem nächsten Schritt Reformen ermöglichen. Die zweite Versammlung, die im Oktober 2024 stattfinden wird, kann konkrete Empfehlungen beschließen, die dem Papst zur Entscheidung vorgelegt werden.
Aktuelles E-Paper