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RB: Der Krieg dauert nun bald zwei Jahre – wie ist gegenwärtig die Situation? Wie sieht der Alltag in Odessa aus?
Bischof Mychajlo Bubnij: In Odessa ist wie an zahlreichen anderen Orten nach zwei Jahren Krieg die Infrastruktur stark beschädigt. Am Hafen ist vieles zerstört. Die Menschen leben in ständiger Angst. Ich denke, das ist die Strategie. Aber die Ukraine steht aufrecht und kämpft. Von unserer Seite tun wir alles, was möglich ist, um den Menschen beizustehen und ihnen weiter Zuversicht und Hoffnung zu schenken.
RB: Gelingt es das kirchliche Leben aufrechtzuerhalten? Wie haben Sie Weihnachten gefeiert?
Bischof Mychajlo Bubnij: Zum ersten Mal haben wir offiziell am 25. Dezember gefeiert. Die Menschen haben darauf gewartet, dass wir Weihnachten mit der ganzen Weltkirche begehen. Die Atmosphäre war sehr schön, geprägt von Freude und Hoffnung. Gottes Liebe war spürbar. Genau das ist es, was wir als Kirche den Menschen anbieten können, auch wenn um uns herum Krieg und Zerstörung herrschen.
RB: Was können wir in Österreich tun? Welche Hilfe ist momentan am wichtigsten?
Bischof Mychajlo Bubnij: Österreich hat in den vergangenen zwei Jahren schon sehr viel getan. Wir sind dankbar: für jedes Gebet, das zu Gott geschickt wurde und für jede humanitäre Hilfe. Ich habe gehört, dass bereits zu Beginn des Krieges in Salzburg ein Friedensgebet mit Erzbischof Franz Lackner und Vertretern anderer Konfessionen stattgefunden hat. Dass Gläubige in der Erzdiözese Salzburg für uns beten, sich über unsere Lage informieren und solidarisch sind, bedeutet uns viel. Darum bitte ich auch weiterhin. Ich kann nur an alle Menschen in Salzburg, in ganz Österreich und im Speziellen an alle Leserinnen und Leser der Kirchenzeitung appellieren: Vergesst uns nicht. Die Ukraine braucht weiter jede Unterstützung und jedes Gebet. Hört nicht auf, über die Ukraine zu sprechen und den Krieg zu verurteilen. Krieg bedeutet, es werden Menschen getötet, es sterben Kinder und Jugendliche.
RB: Haben Sie Hoffnung auf Frieden? Was muss passieren, dass Friedensverhandlungen aufgenommen werden?
Bischof Mychajlo Bubnij: Als Priester habe ich immer Hoffnung. Wir wissen, dass Gott uns Frieden bringt. Es mag unglaubwürdig klingen, wenn wir aktuell auf die Ukraine blicken. Wir sind in einer Situation, in der wir keinen Ausweg sehen. Doch irgendwann wird das Gute gewinnen. Und die Ukraine steht auf der Seite des Guten. Das ukrainische Volk ist friedlich. Wir müssen alle auf dieser Seite des Guten bleiben. Dabei bitte ich noch einmal darum, die Ukraine zu unterstützen: Damit mein Land leben kann. Ohne die Solidarität der Welt überleben wir nicht.
Hintergrund
Bischof Mychajlo Bubnij ist erzbischöflicher Exarch der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche in Odessa. Seine Diözese war vergangenes Jahr für die Verteilung von dutzenden mobilen Stromgeneratoren zuständig, die aus der Erzdiözese Salzburg in die Ukraine geliefert werden konnten. Seine Kirchen wurden zu Hilfszentren, Küchen und Schlafstellen. Bischof Mychajlos Appell bei seinem jüngsten Salzburgbesuch: „Bitte unterstützt die Ukraine weiter, damit wir überleben und leben können.“ Erzbischof Franz Lackner: „Wir tun, was wir können. Wir beten, wir helfen – damit der ersehnte Friede endlich einkehrt.“
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