Die Synode mag zwar abgeschlossen sein, aber sie ist keinesfalls zu Ende. Mit der Annahme des Abschlussdokuments beginnt nun eine Phase der Umsetzung. Im Rupertusblatt blickt Erzbischof Franz Lackner noch einmal auf die fast einmonatige Vollversammlung in Rom zurück und darauf, welchen Auftrag die Synodalität mit sich bringt.
RB: Was ist die eindringlichste Erfahrung mit der Sie von der Weltsynode zurückgekehrt sind?
Erzbischof Franz Lackner: Wie auch schon bei der ersten Vollversammlung war es eine tiefgehende Erfahrung, die ganze Weltkirche repräsentativ versammelt zu sehen, die Eindrücke und Zeugnisse der vielen Synodalen, aber auch das Ringen um den Glauben und den gemeinsamen Weg zu erleben. Die Dimension der universalen Kirche wird dort sehr bewusst – mit allen Spannungen, aber auch aller Geborgenheit im einen Glauben, den wir in Vielfalt leben und erfahren.
RB: Die deutsche Kirchenrechtlerin Myriam Wijlens sieht in der Weltsynode eine entscheidende Entwicklung für die Kirche hin zu einem „Prozess des Dialogs und Austauschs“, in dem Papst Franziskus die Einheit und gleichzeitig die Diversität der Kirche bewahren möchte. Wie fällt Ihr Resümee aus?
Erzbischof Lackner: Ich glaube, dass es künftigen Bischofsversammlungen nicht mehr möglich sein wird, an dieser doch so prägenden Synode vorbeizugehen oder gar hinter sie zurückzutreten. Papst Franziskus möchte, dass die synodale Haltung, das synodale Miteinander sich auf die ganze Kirche, auf die ganze Gemeinschaft der Gläubigen ausweitet. Es wird dabei zentral bleiben, dass die Prozesse jeweils authentische geistliche Prozesse sind. Himmlisches und Irdisches können sich so aufeinander zubewegen, zueinander wachsen.
Synodalität ist Auftrag und Erinnerung zur gemeinsamen Verantwortung.
RB: Allgemein reichen die Reaktionen von einer positiven Bewertung des neuen Dialogstils bis hin zu Enttäuschungen – zum Beispiel in der „Frauenfrage“. Wie erleben Sie das in Gesprächen, die Sie im Vatikan oder zurück in der Erzdiözese geführt haben?
Erzbischof Lackner: Das Abschlussdokument, das ja vom Papst unmittelbar freigegeben wurde, muss für die universale Kirche funktionieren und gültig sein können. Dafür muss es notwendigerweise auch Kompromisse beinhalten. Es hat sich auch klar gezeigt, dass manche Themen speziell der deutschsprachigen Länder in der Weltkirche keine gar so große Rolle spielen. Damit sind sie umgekehrt freilich nicht einfach „vom Tisch“. Die Synode hat beispielsweise die Bedeutung von Frauen in Führungspositionen einmal mehr unterstrichen und hinsichtlich der Weihe von Diakoninnen festgehalten: Die Frage bleibt offen. Kardinal Fernández hat auch darauf hingewiesen, dass Optionen wie die Ausbildung und Beauftragung von Frauen zu Katechetinnen, Lektorinnen und Akolythinnen bisher kaum genutzt werden. Mit ihm möchte ich auch festhalten: Was vom Heiligen Geist kommt, kann nicht aufgehalten werden.
RB: Befindet sich die Weltkirche weiterhin auf einem „gemeinsamen Weg“?
Erzbischof Lackner: Die ganze Kirche ist von Anbeginn an und durch alle Zeiten auf einer Pilgerreise. Diese Synode hat klar gezeigt: Wir reisen bisweilen mit unterschiedlichem Gepäck, aber Richtung und Ziel bleiben.
RB: Dem Schlussdokument der Synode folgte dieses Mal kein Postsynodales Schreiben von Papst Franziskus. Hat Sie das überrascht?
Erzbischof Lackner: Ich habe schon vor meiner Abreise gesagt, dass wir mit einer Überraschung durch Papst Franziskus rechnen können. So ist es auch gekommen. Dass er dem Abschlussdokument nun nichts Eigenes hinzufügen will, ist ein weiteres Novum in der Geschichte der Kirche. Es unterstreicht die herausragende Bedeutung dieses Dokuments.
RB: Welche Aufgaben warten jetzt nach der Synode auf ihre Umsetzung? Paul Zulehner meint: „Es ist leicht, Synodalisierung zu beschließen. Es ist schwer, sie ernsthaft zu praktizieren.“ Was kommt jetzt auf die Erzdiözese zu? Wie kann zum Beispiel das Mehr an Mitsprache für Laien umgesetzt werden?
Erzbischof Lackner: Es ist zu erwarten, dass die weitreichende Beteiligung von Laien an den Entscheidungsprozessen in verbindliche Formen für die Weltkirche gegossen wird. Die Erfahrung in Rom hat gezeigt: Wir befinden uns hier in Österreich mit den Gremienstrukturen auf einem guten und teilweise vorbildhaften Weg. Einrichtungen wie Diözesankirchenrat, externe Finanzprüfung, oder auch die unabhängigen Präventions- und Ombudsstellen sind hier zu nennen – freilich gibt es immer Luft nach oben. In Fragen des uns überlieferten Glaubens, den wir weiterzugeben haben, bleibt die Synodalität auch Auftrag und Erinnerung zur gemeinsamen Verantwortung, wobei auch die Letztzuständigkeiten im Auge behalten werden müssen.
Das Abschlussdokument der katholischen Weltsynode (Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung) ist in deutscher Arbeitsübersetzung verfügbar. Das zuständige Synodensekretariat veröffentlichte das Dokument: www.synod.va Auch auf der Website der Österreichischen Bischofskonferenz kann das Dokument heruntergeladen werden.
Wissenswert
Stimmen zur Synode gibt es viele – so äußerste sich auch Kardinal Walter Kasper: Die Synode sei ein „wahrhaft historisches Ereignis“ gewesen; das Thema Synodalität sei „nun nicht mehr vom Tisch zu wischen“, erklärte Kasper im Interview mit dem Online-Portal „communio.de“. Das Abschlussdokument sei durchaus verbindlich, so Kasper – entscheidend werde nun die Rezeption sein. In der umstrittenen Frage des Frauendiakonats sprach sich Kasper für eine größere Offenheit aus: Er sei „inzwischen zur Überzeugung gekommen, dass es gute Gründe gibt, die es theologisch möglich und pastoral sinnvoll machen, den ständigen Diakonat für Frauen zu öffnen“. Zugleich unterstrich Kasper die weltkirchliche Offenheit der Frage: „Sie ist lehramtlich nicht verbindlich entschieden.“
Einen konkreten Umsetzungspunkt ortete die Katholische Aktion Österreich unter Verweis auf die Aussagen in Nr. 76 des Synodendokuments im Bereich jener kirchlichen Dienste, die auch ohne Diakonats- oder Priesterweihe getan werden können: Gemeindeleitung, sonntägliche Gottesdienste, Taufen und die Feier anderer Sakramente. „Hier gilt es, Frauen und Männer die bischöfliche Beauftragung zu übergeben, damit eine breite ‚Getauftenkirche‘ in gemeinsamer Verantwortung gerade auch in unseren Breiten wachsen kann.“
Timothy Radcliffe, Synodenprediger und designierter Kardinal mahnte, man dürfe das Abschlussdokument nicht nur auf einschlägige Schlagworte abgrasen. „Der springende Punkt sind nicht dramatische Beschlüsse, sondern eine neue Art und Weise, Kirche zu sein.“
kap
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