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Budapest. Mit einem Friedensappell für die Ukraine und Warnungen vor einem ungebremsten digitalen Fortschritt hat Papst Franziskus am 30. April 2023 seine dreitägige Ungarn-Reise beendet. Vor rund 50.000 Menschen betete er nach einem Gottesdienst vor dem Parlament in Budapest inständig um Frieden für „das gepeinigte ukrainische Nachbarvolk und für das russische Volk“. Die Verantwortlichen rief er auf, „Frieden zu schaffen und den jungen Generationen eine Zukunft der Hoffnung und nicht des Krieges zu bieten; eine Zukunft voller Kinderbetten und nicht voller Gräber“.
Beim Treffen mit Wissenschaftlern warnte er vor einer Unterwerfung unter die Macht der Algorithmen und einer Beherrschung des Menschen durch die Technik. Wenn das Gewinnstreben des Einzelnen und unersättlicher Informationsdrang dominierten, würden menschliche Bindungen zerstört. Schon am Abend zuvor hatte der Papst mehr als 10.000 Jugendliche ermahnt: Sie sollten nicht zu Sklaven der sozialen Netzwerke werden, die Realität im Sog des Virtuellen nicht vernachlässigen und nicht „am Handy kleben“.
Doch die Themenpalette der drei Tage in Ungarn war noch breiter. Die Aufnahme von Migranten und von Menschen am Rand der Gesellschaft mahnte Franziskus mehrere Male an – und er sprach sehr grundsätzlich über die Zukunft der EU und ihre Werte. Konkrete Äußerungen zur ungarischen Politik waren eine Mischung aus Lob und Tadel. Der Papst zeigte sich begeistert über die Familienförderung in Ungarn, unterstützte den Widerstand gegen eine „woke“ Einheitsideologie, zu der aus Sicht des Papstes ein „Recht auf Abtreibung“ und eine Infragestellung natürlicher Geschlechterunterscheidungen gehören. Zugleich übte er – sicher auch an die Adresse von Regierungschef Viktor Orban gerichtete – Kritik an national-populistischen Politikern, die den europäischen Traum bedrohten und Europa „zu ihrer Geisel“ machten.
Beim Besuch in Ungarn hat Papst Franziskus abermals gezeigt, welche Doppelstrategie er in Osteuropa verfolgt: Einerseits setzt er in der Auseinandersetzung mit ultraliberalen Strömungen im Westen auf den Rückhalt der Christen in Osteuropa mit ihrem „Glauben aus Granit“, wie er es in Budapest unter großem Beifall formulierte. Andererseits will er dazu beitragen, dass Kirche, Politik und Gesellschaften in Osteuropa offener und dialogbereiter werden. Sie sollen „offene Türen“ werden, beschwor er die Ungarn bei der Abschlussmesse.
kap
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